Gedanken zur Reportage „Die Weinprobe - Kann ein guter Tropfen günstig sein?“
Innerhalb der ZDF Sendereihe Zoom, wurde heute Christiane Schwarzs Reportage „Die Weinprobe - Kann ein guter Tropfen günstig sein?“ ausgestrahlt. Ich hatte mich vorher kaum über die Sendung informiert. Es sollte wohl darum gehen, ob günstige Weine in den Supermärkten und Discountern von Qualität geprägt seien und wie die niedrigen Preise zustande kämen.
Die ersten paar Sekunden der Reportage liefen und ein freudiges Gefühl machte sich in mir breit. Wie klein doch die Weinwelt ist! Lukas Krauß, den Weinonlinern bekannt als Mann mit Hut und Nachwuchswinzer aus der Pfalz, erscheint in der ersten Szene. Plattenauflegend, grillend und im besten Dialekt gut gelaunt zum Interview parat. Dem Direttore bestens bekannt, traten vor ein paar Jahren Lukas und ich gemeinsam für die Wein Live Internetshow „100 Grad Oechsle“ vor die Kamera und treffen uns ansonsten ab und zu auf diversen vinophilen Exzessen.
Auf Lukas Krauß Grillfest werden nun ein paar Weinfreunde in einer spontanen Blindprobe mit Discounter-, Supermarkt- und eben Kraußwein konfrontiert. Das Ergebnis verwischt sich ein wenig, jedoch ist festzuhalten, dass der 2,99 Gran Reserva Spanier durchaus zu gefallen wusste. Auf die Frage der Journalistin, warum Lukas denn keine Weine für ca. 3€ bieten könne, gibt dieser souverän bekannt, dass er nun mal kein Industriebetrieb sei und im Handwerk seine Weine vinifiziert.
Die Bestätigung findet Christiane Schwarz sogleich in Spanien, beim Hersteller der ALDI Massenweine. 5000 Hektar, Vollernter, die eine halbe Millionen Kilo Trauben pro Tag ernten können, 20 Millionen Flaschen pro Jahr und Niedriglöhne in der Region lassen den Gran Reserva für 2,99€ möglich werden.
Ludwig Wengenmayer, Ex Wein Einkäufer der Discounter, hält fest, dass der immense Preisdruck von ALDI auf Kosten der Qualität gehen würde. Das lässt Fragen aufkommen. Vor allem da ein paar Tests an der Forschungsanstalt Geisenheim aufdecken, dass aufgrund der Farbanalyse der Wein wohl nicht seinem angegebenen Alter entspräche. Weiterhin seien in Spanien hinsichtlich deren höchste Qualitätsstufe Gran Reserva die Gesetze gelockert worden.
In Deutschland hingegen werden die Weingüter staatlich regelmäßig geprüft. Lukas himself darf sich diesen TV gerecht unterziehen. Es wird gezeigt, welche Kriterien der Prüfung stand halten müssen. Weg von der Mann mit Hut Weinromantik, verschlägt es die Reportage an die Mosel, zu Deutschlands wohl größter „Weinfabrik“, Peter Mertes.
Michael Willkomm, Geschäftsführer des Hauses, erläutert, dass durchaus Qualitätswein durch große Menge und rationalem Weinbau zu günstigen Preisen möglich ist. In seiner Kellerei werden verschiedene Weine der Region verschnitten und unter diversen Lifestyle Labels vertrieben. Auf die Frage, ob die emotionalen Etiketten überhaupt noch authentisch seien für das Industrieprodukt, antwortet Willkomm, dass Wein zu einem großen Teil Illusion sei.
Über Stuart Pigotts Blindprobe wollen wir weiter keine Schadenfreue walten lassen. Er bezeichnete Lukas Grauburgunder als plump und schwer. Stattdessen gefiel ihm der Gallo Chardonnay. Ein hoch auf die erarbeiteten Geschmacksprofile der Großkellereien.
Bei Gallo übrigens wird Schwarz erst gar nicht rein gelassen. Dafür aber bei Contech, dem Frankenstein Labor der neuen Welt. Der Wein wird in seine Bestandteile zerteilt, im Alkohol reduziert und letztendes chemisch dem Geschmack des Konsumenten angepasst. Selbst bei Biowinzern ist man nicht gefeit gegen den ein oder anderen legalen Trick. So werden anstatt Holzfässer oder teure Barriques gerne billige Holzstäbe oder Holzchips verwendet.
Meine Meinung ist relativ einfach. Der Konsument kann sich entscheiden. Es bleiben grob die zwei Macharten von Wein. Handwerk gegen Hightech. Jeder soll trinken, was er möchte. Wein ist ein Kulturprodukt, wie Martin Kössler (Weinhändler Legende aus Nürnberg) am Ende der Reportage richtig feststellt. Dieses gilt es zu bewahren. Die harte Arbeit des Winzers zu belohnen. Natürlich schmecken handgemachte Weine nicht immer rund, nicht immer gleich und harmonisch. Sie spiegeln den Menschen wieder, der ihn macht. Sie spiegeln im Idealfall die Region wieder, der sie entstammen. Sie sind wie das Leben selber, manchmal steinig, hart, herausfordernd, meistens jedoch ein wahrer Genuss…
Eiderdaus, danke für den Nachbericht! Hätt ich doch mal glatt einen interessanten Weinbericht komplett verpennt. Wenn dem Stuart schon Supermarktwein richtig schmeckt, dann fragt man sich doch, ob man nicht öfters einen aus dem LEH-Regal in persönliche Blindverkostungen einbauen sollte. Vielleicht ein teuflischer Plan für das nächste Vinocamp ;-)
AntwortenLöschenLeider hat nicht jeder Konsument verstanden, dass er die Wahl hat. Gerne wird das Argument verwendet, dass sich nicht Jeder einen guten Wein leisten kann und daher auf die Industrieprodukte angewiesen ist. Dies gilt nicht nur für Wein. Wenn ich sehe, wo bei Vielen die Schmerzgrenze für Fleischpreise liegt, frage ich mich schon, wer dafür wohl eine Kuh zerlegen soll.
AntwortenLöschenIst es nicht besser, falls notwendig auch öfter mal auf Etwas zu verzichten, damit man kaufen kann was schmeckt? Nicht zu vergessen: drei mal 3,99 sind auch 11,97.
Es gibt zudem genug kleinere Produzenten, die gute Produkte zu durchaus erschwinglichen Preisen anbieten.
Vollste Zustimmung. Ähnliches gilt für den Fleischkonsum.
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