Del Monegos Gespür für Banalität - 2009 Chateau Grand Clapeau Olivier


Die Suche nach bezahlbarem Bordeaux. Sie begleitet den geneigten Leser dieser Gazette wiedererzählend. Wir finden und verlieren uns in dieser wohl berühmtesten, anlagewertesten und historischsten Weinanbauregion der Welt. Die Preise explodieren, das Anbaugebiet besitzt seinen eigenen Papst, es wird spekuliert, es wird storniert und irgendwo in einer Nische findet man den ein oder anderen bezahlbaren Wein aus dem Bordeaux von hohem Genuss. 

Allerdings gestaltet sich die Suche meist steinig und schwer. Mehr durch Zufall stoße ich auf eine Seite mit dem naheliegenden Titel Bordeaux.com. Eine wirklich ästhetische, informative und übersichtliche Seite über die Faszination dieses kleinen Paradieses Frankreichs. Kategorien wie Weinschule, Lebensart, Blog etc. bieten zahlreiche Informationen auf zugänglichem und basisnahen Niveau. Eine Lifestyle Seite. Hier endet auch schon die Romantik. Die wohl umfangreichste Kategorie der Seite unter dem Titel „100 Bordeaux Selektion 2012“ bietet dann wieder das gewohnte Verkaufsfernsehen, natürlich innerhalb eines anderen Mediums. „Entdecken Sie die 100 Bordeaux für jeden Anlass: eine Auswahl von Bordeaux-Weinen zwischen 5 und 29 Euro, die in Deutschland erhältlich sind und die weltberühmte Weinbauregion perfekt repräsentieren.“ Aha. 

Unabhängig von der Industrie, wer könnte denn diese Weine „selektiert“ haben. Ich finde schnell eine Rubrik „Die Jury“. Hah, die Transparenz naht. Ich erwarte eine kompetente Vielzahl von Köpfen, die entgegen dem Trend sich für Sie, geneigte Suchende, auf den Weg gemacht haben, um sie zu finden, die bezahlbaren Bordeaux für jedermann. Nun, ein wenig erstaunt lässt mich die aufgerufene Seite zurück. Genannt wir die deutsche Kompetenz Allzweckwaffe Markus del Monego, Master of Wine, himself. Wer entscheidet noch? Wurscht, del Monego muss reichen oder möchte jemand den Aufstand proben? 

Gutgläubig greife ich mir einen wahllosen Tipp heraus und möchte diesem auf den Zahn fühlen. Blasphemie! Del Monego hat doch schon selektiert! Als Radikalinski der deutschen Weinszene bekannt, wird der Direttore dennoch sein Glück versuchen. Dabei fällt mir auf, dass die meisten Empfehlungen aus dem Supermarkt stammen. Klar, der neue Kult des einfachen Beziehens. Schade, aber Realität. So mache ich mich auf ins Kaufland. 

2009er Chateau Grand Clapeau Olivier. Cru Bourgeois aus dem Haut Medoc für ca. 9€. Spottbillig für einen Bordeaux, überpreist für einen Wein aus den Regalen des Grauens. Da dreht dieser Spaßvogel erst einmal im sauberen und tiefdunklen Rot seine Runden. Warmes und reintöniges Bukett nach Backpflaumen, Waldbeeren, Paprika, Vanille. Industrialisiert sortenbetont aus Cabernet Sauvignon und Merlot. Am Gaumen ziemlich knackige Frucht, präsente Gerbstoffe, bissige Säure, auch nach 2 Stunden an der Luft und ein mit 14% sehr brandig wirkender Alkoholgehalt. Grober Körper mit einem überraschend langen Finish, das einem aber ein wenig pappig im Mund stehen bleibt. 

Hm, gehen wir einmal von meinem subjektiven Eindruck weg und unterstellen dem Wein eine gewisse Beruhigung nach Stunden im Glas. Welcher Durchschnittssupermarktkäufer gewährt einem Wein diese Möglichkeit? Zudem erinnert mich die Gesamtperformance eher an Plastik als an Leben. Übrigens, das muss nicht auf den günstigen Preis zurückfallen, es gibt im Fachhandel sehr wohl Bordeaux in dieser Preisklasse, die von strahlender Trinkfreude geprägt sind. Château Canevault oder Château Fontbaude. Aber der Fachhandel ist halt nicht um die Ecke und so ersetzt Bequemlichkeit den Geschmack...

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