Bullshit Bag in Box? Haltbar war gestern...
Wein aus dem Karton, respektive aus der Bag in Box, gilt unter Weinsnobs als verpönt. Sie sehen die Weinromantik in Gefahr! Kein Ploppen des Korkens, kein deutlich erkennbares Etikett (weckt beim Mittrinker keinen Neid) und auch ansonsten sieht man in der BIB den zu Pappe gewordenen Untergang der Weinkultur!
Das ist natürlich Quatsch. Das Ganze ist eine ähnlich anachronistische Widerstandsdiskussion wie Schraubverschluss gegen Korken. "Die so genannte Bag-In-Box-Verpackung (BIB, engl., dt. wörtlich „Beutel-in-Schachtel“, auch „Baginbox“, „baginabox“, „bag-in-tube“) besteht aus einem Innenbeutel aus einem Folienverbundmaterial (aus z. B. Aluminium/HDPE oder Polyethylen (PE) in Verbindung mit Ethyl-Vinyl-Alkohol (EVOH), der mechanisch durch eine Umverpackung (Kartonage) aus Wellkarton oder Holz oder einer Röhre (engl. tube) aus Karton gestützt und geschützt wird." (Quelle: Wikipedia). Wieder etwas gelernt.
Meiner Meinung nach ist die Bag in Box für schnell konsumfreudige Gutsweine die ideale Verpackung. Immer mehr Produzenten füllen qualitativ anständige Weine in eine BIB ab. Ich empfinde es als wirklich tragisch, wenn ich einen offenen Wein in der Gastronomie bestelle und mir ein dumpfes, schales und verwestes Getränk vorgesetzt wird. "Wissen`s, die Floasche is scho seid 4 Toagen auff. Bei uns dringd niemand oan Wein.". Da kann man sich nur recht freundlich für diesen Anschlag bedanken.
Durch die Bag in Box gelangt weniger Sauerstoff an den Wein. Auch, weil der Schlauch bei der Weinentnahme zusammenfällt. Damit wirken die Weine einfach länger frisch und können offen in der Gastro dem Konsumenten länger angeboten werden.
Alles Unsinn?
Einem Artikel der "Welt" und einer dpa Meldung durfte ich heute entnehmen, dass Forscher der University of California zu einem ganz anderen Ergebnis kommen.
"Danach bewerteten Weintester die Qualität, und es wurden chemische
Analysen durchgeführt. Ergebnis: Lagerung bei 40 Grad tut keinem Wein
gut – egal, wie man ihn aufbewahrt. Aber sowohl bei 40 wie auch bei 20
Grad hatten sich bei Wein im Karton deutlich mehr unangenehme Noten
eingeschlichen, vor allem essigartige, bittere und modrige."
Nun, bei der Lagerung von Weinen werden in der Regel solche Temperaturen weder in der Gastronomie, noch privat erreicht. Doch wie sieht es beim Transport oder bei einer geöffneter BIB aus?
"Wie der stärkere Qualitätsverlust im Schlauch zustande kommt, wissen die
Forscher noch nicht genau. Sie vermuten aber, dass gerade der
Kunststoff mehr Sauerstoff in den Wein dringen lässt, und der verändert
die geschmackstragenden Komponenten. Auch könnten Geschmacksstoffe mit
Stoffen aus dem Plastik zu neuen, unangenehmen Substanzen reagieren.
Über den zweiten Alterungsprozess ist bislang wenig bekannt, über den
oxidativen schon etwas mehr. So weiß man, dass sich mit Sauerstoff
bestimmte "höhere Aldehyde und Ketone" bilden, zum Beispiel Benzaldehyd
und Furfural. Diese längerkettigen Kohlenwasserstoffe bescheren dem Wein
einen "alten" Geschmack (Altersfirne). Gleichzeitig gehen Fruchtnoten
verloren. Doch gerade die machen einen Gutteil des lagentypischen
Wohlgeschmacks aus."
Bis dato sind die Ergebnisse der Forscher ziemlich schwammig. Es wird weiterhin nicht erwähnt, wie lange die Weine im Test gelagert worden sind. Klar war immer, dass die BIB weniger der Lagerung großer Weine im Keller dienlich ist, sondern für den kurzweiligen Genuss von Basisweinen einen praktischen und haltbaren Rahmen liefert.
Ich konnte geschmacklich diese Art von Beeinträchtigungen noch nicht feststellen. Jedoch bin gespannt auf weiter Forschungsergebnisse. Ansonsten bleibt die Bag in Box eine Alternative für frischen offenen Wein in der Durchschnittsgastronomie.
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