Schaumweinkuscheln in Trentino – 2008 Endrizzi Brut Riserva Pian Castello Trento DOC
von Philipp Erik Breitenfeld
Schampus, Prosecco und Sekt aus Massenproduktion. Die gastronomische
Schaumwein Landschaft ist geprägt von Monotonie, Alltäglichkeit und vor allem
Mutlosigkeit. Dabei „genießen“ wir Deutschen laut Statistik Schaumwein im Überfluss.
In Sachen Champagner sind wir völlig antinomisch bereit für mittelmäßige
Qualität viel zu viel Geld auszugeben. Gekonnte Winzerchampagner werden
vorsätzlich ignoriert und Schaumwein aus Italien auf Prosecco reduziert. Ein Fehler!
Manchmal lohnen sich die Befreiung von Scheuklappen und
ein Blick in den südlichen Bereich der italienischen Doppelregion
Trentino-Südtirol. Geographisch liegt dieser in der Provinz Trento. Seit 1885
befindet sich dort das traditionsreiche
Weingut Endrizzi. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden durch Francesco
Endrici, dem Urgroßvater der heutigen Eigentümer, die französischen Rebsorten
Chardonnay und Cabernet Sauvignon eingeführt. Lokalen autochthonen Rebsorten
wie Teroldego und Lagrein wurde zudem große Aufmerksamkeit geschenkt. Heute
leiten Urenkel Paolo und seine Frau Christine das Unternehmen. 40 Hektar
Rebfläche und ca. 500 000 Flaschen Jahresproduktion. Entzückend und versteckt
geht anders.
Endrizzi vinifiziert aus den Rebsorten Chardonnay und
Pinot Noir einen Schaumwein. Den Brut Riserva Pian Castello Trento DOC. Pian
Castello ist eine Terrasse, die sich Richtung Castello Monreale neigt. Sie liegt
auf einer Höhe zwischen 350 und 420m ü. M. und ist in Spaliererziehung
bestockt. Klingt militärisch, ist aber so. Die erste Gärung erfolgt teilweise
im Barrique und im Stahl. Die zweite Gärung vollzieht sich in der Flasche.
Zwischen 40 und 60 Monate reift der Wein dann auf den Hefen.
Soviel zur Technik. Nun die Praxis.
Im güldenen Gewand dreht dieser Schaumschläger seine
Runden im Glas. Angereifte Williams Christbirne, leichte Nuancen von
Arkazienhonig, frische Granny Smith Äpfel, ein wenig Mandarinen und zuträgliche
Röstnoten. Am Gaumen druckvoll und parat mit einer noblen, vitalen Perlage.
Äußerst schöne Balance zwischen den Eigenschaften des Stillweins, seiner reifen
Eleganz und eben der angesprochenen agilen Perlage. Ich mag diese kräftigen
Hefenoten. Seine Komplexität hebt ihn weit von den üblichen kurzweiligen
Schaumweinvergnügen ab.
Auch wenn der Vergleich ein wenig hinkt, für eine
vergleichbare Qualität aus der Champagne muss der Konsument locker über 50€
hinlegen. Im Trentino wird er für ca. 18€ fündig. Von daher für mich eine
wertige Alternative zu dem Markenkult einer seelenlosen Massenhysterie. Ich mag
das.
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