Lagerkollaps auf der Robert Weil Basis? 1996 Rheingau Riesling trocken
Es gibt zwei Wahrheiten. Die meisten Weine werden viel zu
früh getrunken. Erstaunlich viele Weintrinker entscheiden sich dadurch gegen so
manche Offenbarung und schließen sich ungeduldigen Vorverurteilungen an. Die
zweite Wahrheit bezieht sich auf einige deutsche Privathaushalte, respektive
deren Weinkeller. Weine werden gelagert, die dafür äußerst importun sind. Folgende Anekdote überspitzt die Causa zwar, ist in ihrem Amüsement jedoch
treffend.
Letztens teilte mir ein Zeitgenosse mit, dass er eine Liter
Flasche Soave vom Lieferservice erhielt. Er habe über einen gewissen
Bestellwert geordert und deshalb dieses Präsent überreicht bekommen. Nun wolle er diesen Wein über die nächsten
Jahrzehnte weglegen. Das könne dem Wein ja nur gut tun.
Augen auf beim Weinkauf, sollte dieser dem Ziel der Lagerung
dienen. Erzeuger, Jahrgang, Prädikatsstufen etc., sind maßgeblich entscheidend
für das langfristige Weinvergnügen. Alkohol, Säure und Restzucker tun ihr
übriges. Ab und zu jedoch wird man aber durch eher zufällige Glasbegegnungen mit
Ausnahmen der Regel konfrontiert.
So geschehen im Rahmen des letzten Kellersausmistens
meinerseits. Im hintersten Eck fand ich einen Basisriesling aus dem renommierten
Rheingauer Weingut Robert Weil. Ein
1996er Riesling trocken. So was hat man damals gekauft für das trinkfreudige
Terrassenvergnügen im Folgejahr der Ernte. Keine Spätlese,
Auslese oder vermeintliche Trockenbeerenauslese. Ein Gutsriesling. Hatte er die
17 Jahre überhaupt überlebt? Ist ihm jegliche Kraft entflohen?
1996 Rheingau Riesling trocken Robert Weil
Im blassen Gelb mit grünlichen Reflexen dreht dieser
Rheingau Oldie seine Runden im Glas. In der Nase reife Birne und Quitte. Grüner
Apfel, Aprikosen und Citrusfrüchte. Alles reif. Über allem schwebt eine
rauchige Note. Frische Wiesenblumen begleiten diesen 17jährigen Basisriesling.
Sortenbetont und sauber. Der einfache Weil ist so präsent und klar, als wäre er
nie im letzten Eck des Kellers verschwunden.
Am Gaumen überrascht die äußerst vitale und pikante Säure!
Animierend stahlig und mineralisch. Saftige Herbe nach Grapefruit und Pomelo!
Die Frucht wirkt insgesamt sogar ziemlich stoffig. Im Finish trocken. Es
verbleibt ewig lang diese fabelhafte Herbe!
Was ist denn hier los? Ich dachte eher an Wegschütten im
Rahmen des Kellerausmistens. Mitnichten! Mir begegnete ein 1996er
Basisriesling, der sich heute um einiges spannender und wohlschmeckender präsentiert
als damals zu Jungspund Zeiten. Die Regel stellt dies für einen Basisriesling
sicherlich nicht dar. Eine Stimme aus Social Media kommentierte diese
Überraschung mit „Zu dieser Zeit waren es beim Basisriesling noch Erzeugerabfüllungen
bei Weil. Aus eigenen Weinbergen und
kein Zukauf von diversen Quellen“. Kann der Direttore nicht beurteilen.
Auf
jeden Fall führt diese Ausnahme der Regel meinen obengenannten Appell „Augen auf
bei Weinkauf“ ad absurdum und das ist gut so. Nichts ist spannender und
faszinierender als das Thema „Wein und Zeit“! Lassen Sie ihm letztere ab und zu
auch, der Wein wird es Ihnen danken…
Super Story! Nur manchmal fällt es eben schwer, dem Wein die Zeit zu lassen, die Vorfreude ist zu groß! Außerdem fällt es mir zum Beispiel gar nicht so leicht, Weine lange zu lagern, da ich einfach noch nicht die richtigen Mittel und Bedingungen zur Verfügung habe!
AntwortenLöschenOft kann man Weine aber auch noch älter kaufen. Viele Weingüter sind nicht ausverkauft. Einfach direkt anfragen.
AntwortenLöschenDas viele Weine zu früh getrunken werden kann ich nur bestätigen. Ich habe schon viele Rotweine und vereinzelt auch Weißweine eingelagert, die sich im Laufe der Zeit zum echten Gaumenschmeichler entwickelt habe. Einziges Problem: Wer nicht so viel Weinerfahrung hat, kann schlecht voraussagen welcher Wein sich zum Einlagern lohnt. Am besten ist es beim Fachhändler zu kaufen und sich zu erkundigen.
AntwortenLöschenAbsolute Zustimmung!
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