"Das übergeordnete Ziel bei St. Antony ist nachwievor der Markenaufbau" Gespräch mit Florian Jungbauer von Weingut St. Antony Nierstein Rheinhessen

Gespräch mit Florian Jungbauer, 27 Jahre, gebürtiger Wiesbadener, Verantwortlich für Marketing und Vertrieb bei St. Antony
Direttore: Ihr seit in der Vermarktung eurer Weine ja einen frischen Weg gegangen und habt euren Rose und Bodenschatz Riesling in der WEB 2.0 Sphäre verteilt, dass sich Blogger, Twitterer, Facebookler und Weininteressierte schon vorab eine Meinung bilden konnten und dies natürlich öffentlich kund taten. Wie kamt ihr auf die Idee? Was habt ihr euch versprochen von dieser Aktion?

St. Antony Weingut: Es gab in der Vergangenheit eine ähnliche Aktion mit einem großen amerikanischen Autohersteller. Hier begann der Denkansatz für die Aktion. Ich habe dann den "Produkttest" auf den Wein umgemünzt. Das übergeordnete Ziel bei St. Antony ist ja nachwievor der Markenaufbau. Solche Aktionen tragen aus meiner Sicht sehr gut dazu bei.

Direttore: Autohersteller? Wo waren da die Parallelen?

St. Antony Weingut: In der Aktion wurden 50 Autos vor Veröffentlichung "verlost" mit der Voraussetzung, dass einen Monat lang online über die Erfahrungen berichtet wird. Nach der Aktion war das neue (noch nicht veröffentlichte) Modell bekannter, als die bisherigen Modelle des Herstellers. Das brachte mich zum Nachdenken, wie man so etwas für uns nutzen kann.

Direttore: Innovative Idee! Wie zufrieden seit Ihr bis dato mit der Resonanz eurer Aktion? Es haben bislang viele Blogger und Twitterer bzw. Facebookler ihre Meinungen publiziert.

St. Antony Weingut: Ich bin sehr zufrieden mit der Aktion. Man muss immer bedenken, dass wir uns in einer absoluten "Special Interest" Gruppe im Internet bewegen. Man erreicht nicht so viele Menschen wie Bsp. mit Autos oder ähnlichem. Im Gesamten haben wir 52 "Tester" mit der Aktion gewonnen. Erstaunlich war, dass es innerhalb der ersten Stunde schon 31 waren. Hier zeigt sich wie schnell das Internet funktioniert. Ungefähr 1/4 waren "Freunde von Freunden".
Natürlich kann so etwas auch nach hinten los gehen können, dass Tester dein Produkt nicht mögen und schlecht drüber schreiben. Aber genau damit muss man rechnen. Wir haben keinen einzigen schlechten Post bekommen. Lediglich die Jugend der Weine wurde oft kritisiert. Eine junge Dame konnte mit trockenen Rieslingen nichts anfangen, aber auch das ist nicht schlimm, denn ihr hat immerhin die Nase der Weine sehr gut gefallen.

Direttore: Ich denke, dass es ein mutiger Schritt war. Dass Polarisierung innerhalb dieser Geschichte stattfinden kann, ist klar, denn es dreht sich ja hauptsächlich um Geschmack. Mir persönlich sind viele fundierte Verkostungsnotizen ins Auge gefallen. Hier trennt sich eben die Spreu vom Weizen, bzw. der wahre Weinfreund vom Gratistrinker. Wie stehst du zur derzeitigen Jungweindebatte?

St. Antony Weingut: Ich gebe den Diskutanten (M. Scheuermann, Würtz etc.) vollkommen Recht, dass wir uns in einer absoluten Diktatur befinden. Soll heißen, die Konsumenten wollen immer die neuen Weine haben. Letztendlich verstehen sie die wenigsten Weine am Ende auch. Am liebsten wollen sie ja jetzt schon den 2011er in der Subskription kaufen. Ein Erlebnis von meinem Vater, was hier ganz gut passt. Er hatte mal Weine präsentiert bei einem Getränkemarkt und dann kam ein Kunde beschwerte sich, der Wein sei abgelaufen, weil ja das letzte Jahr auf dem Etikett stehen würde. Ich meine der richtige Ansatz hier ist schlicht Aufklärung und nicht das kritisieren der einzelnen Verhaltensweisen, denn Wein wird oft als großes Mysterium gesehen. Kein Wunder bei unseren Weinansprachen. Aber kann als Weingut auch nicht die Kundschaft zu lange warten lassen bei den Basis-Weinen, sonst kaufen sie woanders. Deswegen mussten wir einfach schon den Bodenschatz bringen.

Direttore: Die Geschichte vom Vater ist treffend. Nein, es ging ja auch nicht um Basisweine meiner Meinung nach. Die einfachen Gutsweine sind sicherlich startklar, dennoch befürworte ich auch diese ganze Slow Wine Debatte, da man jetzt ja auch erst sieht, wie sich die 2008er noch entwickelt haben, bei einem anfangs eher mäßig gehypten Jahrgang. Gut, den Rose hätte man schon noch ein wenig liegen lassen dürfen. Wie läuft die Entwicklung der neuen Weinprojekte? Seit ihr da schon weiter?

St. Antony Weingut: Ja, unser Rotweinprojekt (Blaufränkisch) ist in vollem Gange und braucht natürlich noch ein bisschen, weil wir noch nicht genug im Ertrag haben. Die Jungfernernte waren immerhin 30Liter, die schon mal sehr vielversprechend schmeckten. Dann stecken wir noch mitten in der Planung für unseren Neubau den wir natürlich zu gegebener Zeit auch der Öffentlichkeit präsentieren werden. Ansonsten wird es keine weiteren Projekte geben, aber ich meine das ist auch vom Umfang her erstmal groß genug. Derzeit freuen wir uns einfach mal auf die 09er welche teilweise noch in den Fässern liegen.

Direttore: Wir dürfen gespannt sein! Ich durfte letztens am Vorabend des Hamburger Weinsalons gereifte Rieslinge bzw. war ich am Samstag auf dem Ölberg und durfte dort auch gereifte Rieslinge eures Hauses verlosten. Wo siehst du Winzer Felix Peters Eigenständigkeit im Gegensatz zu seinem Vorgänger? Was ist anders an den Weinen? Tradition oder Moderne oder ein Mix?

St. Antony Weingut: Davon habe ich gehört, dass ihr unsere Weine "vor Ort" probiert habt. Wäre ich gerne dabei gewesen. Ja, Felix Peters hat jungen Wind in das Weingut gebracht. Meiner Meinung hat Dr. Michalsky sehr große Weine gemacht seinerzeit und darüber lasse ich auch keine Diskussion zu. Bsp. die 2002er, oder die 93er sind Riesen-Weine. Doch dann kam der Cut und das neue Team. Und das neue Team macht einen eigenen Weinstil. Einen jungen modernen Weinstil, wie man ihn in Rheinhessen bei vielen findet. Der große RHH-Vorteil ist, dass wir Weine zu guten Preisen machen können und die auch vom Endverbraucher verstanden werden. Früher im Rheingau hörte ich oft den Satz:"ja Riesling ist toll, aber die Säure..." Das hört man hier nicht oft. Dann haben wir RHH´ler ja auch noch alternative Rebsorten. Felix macht moderne Weine (harmonische Säure) mit traditionellen Methoden (Öko-Anbau und Spontanvergärung). In einem Satz zusammengefasst.

Direttore: Nächstes Mal machen wir die Spontan-Verkostung-Aktion auf deinem Hof, da sind wir ja flexibel!

Antony Weingut: Ja, gerne.

Direttore: Werdet Ihr in Zukunft weiterhin das Thema #Mitmachweb bzw. Verkostung Pre-Sale Aktionen anbieten?

St. Antony Weingut: Ja natürlich. Im April ist ja der Rotschiefer und der Weißburgunder dran. Der wird dann an die selben "Tester" versendet. Unter den Testern verlosen wir ja auch eine Kiste 09er Große Gewächse. Vielleicht werden wir auch noch was mit Rotweinen machen gegen Ende des Jahres. Mal schauen.

Direttore: Als Weib 2.0 Freund freue ich mich besonders über soviel Engagement und bin gespannt auf die nächste Runde im April!

St. Antony Weingut: Ja, hat mich auch, wie immer, gefreut

Direttore: Noch ein Schlusswort an die Leser der La Gazzetta del Vino?

St. Antony Weingut: Bleibt cool und seid Rotschiefer!

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