Consigliere Dröfke vs. Clemens Busch aus 2011 - Rote Backen waren gestern...


von Marc Dröfke
Seit Wochen wird auf den einschlägigen Webseiten, Blogs und Facebook-Gruppen über die Grossen Gewächse berichtet, gewertet und diskutiert. Einigkeit herrscht über die Jahrgangsqualität. 2012 konnte erneut einige Spitzenweine hervorbringen, die Balance und das Potenzial stimmt.  

Auch der Direttore hatte sich vor einiger Zeit in den Verkostungsdschungel begeben und besuchte die VDP Grosse Lagen Präsentation im Palmengarten zu Frankfurt. Beginnend mit Ress, wird auch er noch einige seine Favoriten auf der La Gazzetta del Vino vorstellen. 

Persönlich kann ich zu den 2012ern nicht viele Worte verlieren, da ich schlicht und ergreifend noch zu wenig getrunken habe. So dreht es sich heute nicht um Weine aus dem aktuellen Jahrgang, sondern um eine kleine Retrospektive des Jahrgangs 2011. Tatort Clemens Busch.   

Dazu kehre ich, zumindest gedanklich, an die Mosel zurück. Ich habe in der letzten Woche drei Weine seiner 2011er getrunken und war angetan von diesen ausdrucksstarken, eigenständigen Weinen des Winzers aus der Gemeinde Pünderich (Bereich Bernkastel). Das Weingut wird neben dem Namensgeber Clemens noch von seiner Frau Rita und seinem Sohn Florian betreut.

Die Buschs betreiben schon seit fast 30 Jahren ökologischen Anbau im Weinberg, den sie sich mittlerweile auch zertifizieren haben lassen. Es wird ganz besonders auf die Stärkung der Pflanzen geachtet, was u.a. durch den Einsatz von Tonmineralien und pflanzlichen Extrakten erreicht wird. 

Das Gutshaus der Familie liegt direkt am Moselufer mit einem gigantischen Ausblick auf die direkt gegenüber liegende Lage Marienburg. Aus deren jeweiligen Parzellen keltert Busch den Großteil seiner Weine. Das Weingut bewirtschaftet u.a. die Einzellagen Fahrlay, Falkenlay, Raffes und Rothenpfad. Den Weinkeller hingegen hat Clemens Busch in weiser Voraussicht in den höher gelegenen Teil von Pünderich verlagert, da einige Wochen im Jahr Hochwassergefahr besteht. 

Im besagten Keller wird versucht auf schonende Traubenverarbeitung zu setzen. Lediglich ganz leichtes Anpressen der Trauben bei niedrigem Druck, Maischestandzeiten, nur Spontanvergärung und Verzicht auf diverse Schönungsmittel. Der Most gärt von Wein zu Wein unterschiedlich bis zu zehn Monate auf natürlichen Hefen. Dies vermag den Weinen die entsprechende Komplexität und Struktur zu verleihen. 

Der Riesling 2011 stellt die Basisversion der Kollektion da. Er gibt einen ersten Einblick, was einen bei den Buschs erwartet. In der Nase merkt man den Schiefer, der mit seiner Mineralik den frisch angeschnittenen weißen Pfirsich und die gelbe Steinfrucht begleitet. Dazu gesellen sich frische Kräuter und ein ganz leichter Hauch von schwarzem Tee. Alles wirkt eher fein und zurückhaltend. Zurückhaltend. Fein. 

Dies bestätigt sich auch am Gaumen. Erneut sehr zurückhaltend aber frisch und geradeaus. Die herbe Mineralität verhält sich herausragend. Oft las ich, dass Buschs Weine auch im Einstiegsbereich einen hohen Extrakt aufweisen. Dies fällt mir hier gar nicht auf. Der Wein kommt mit seinen nur 11 Volumenprozenten Alkohol eher schlank daher, was mir persönlich gefällt. Es fehlt nur ein wenig an Säure und Druck für meinen Geschmack. 

Weiter geht's mit dem 2011er Riesling "vom roten Schiefer“. Er macht seinem Namen alle Ehre. Nur bei den Weinen von "Von Racknitz" hatte ich ein ähnliches Erlebnis, was die Mineralität betrifft. Die Nase ist zunächst etwas verschlossen. Der Wein braucht etwas Temperatur und Luft, um auf zu machen. Dann wiederum, wie der kleine Bruder, eher fein und elegant gehalten. Kalter Rauch, nasser Stein, viele Kräuternoten, weiterhin exotische Anklänge von Mango und Ananas nebst dem omnipräsenten gelben Kernobst.  

Am Gaumen saftig und mit deutlich mehr Schmelz wie der Einstiegswein. Kein verspielter Riesling, sehr geradeaus ohne viel Schnörkel. Kaum Frucht. Langer stahliger Nachhall, ganz leicht bitter im Finish. Das ist schon eine spannende Hausnummer.  

Die Krönung (fast) jeder Riesling Kollektion ist das Große oder Erste Gewächs des jeweiligen Winzers. Auch in Buschs Sortiment sind mehrere große Gewächse vertreten. Alle stammen ausnahmslos aus der Lage Marienburg. Die absolute Qualitätsspitze stellen die Parzellen Fahrlay oder Falkenlay dar.

Der 2011 Marienburg Riesling Großes Gewächs stammt nicht aus einer solcher Parzelle, sondern die Trauben für diesen Wein werden im ursprünglichen Bereich der Pündericher Marienburg gelesen, wo der graue Schiefer den Boden dominiert. 

Der Wein zeigt sich kurz nach dem Öffnen völlig zugenagelt. Das Einzige, was dieser Stoff zu Anfang von sich Preis gibt ist seine goldene, intensive Farbe und eine etwas höhere Viskosität (13,5 % Alc.) im Glas. Erst nach gut einer Stunde macht der Wein etwas auf, am besten präsentierte er sich jedoch am zweiten Tag. Wer jetzt schon probieren will, der sollte ihm Zeit und etwas Temperatur gönnen.

Nach dieser "Luftzufuhr“, zeigt sich der Wein als aromastärkster in dieser Trilogie. Reifer gelber Pfirsich, Mirabelle, Zitronenzeste und etwas Apfel dominieren die Nase. Alles ist unterlegt mit einer gewissen honigartigen Süße. Der mineralische Aspekt tritt hier etwas in den Hintergrund, nur ganz schwer sind leichte Anklänge von kaltem Rauch gepaart mit einer Kräuterkomponente feststellbar.
Am Gaumen ist der Wein etwas anders sortiert als es das Bukett vermuten lässt. Hier tritt die Mineralik etwas mehr in den Vordergrund. Der Wein ist mit viel Schmelz und Saftigkeit ausgestattet. Ordentlich Druck am Gaumen. Auch der relativ lange Abgang, wieder mit einer gewissen bitteren Note versehen, passt gut in das Gesamtbild dieses homogenen großen Gewächses. 

Fazit: Clemens Busch präsentiert mit seinen 2011ern eine Interpretation von Riesling, die mir durchaus gefällt. Die Weine haben Ecken und Kanten und werden sicherlich nicht "Everybodys Darling" sein. Aber für die breite Masse hat Busch seine Weine auch nicht vinifiziert. Er spricht einen Konsumenten an, der neben den restsüßen Moselweinen eine andere Seite dieses wunderschönen Anbaugebiets kennen lernen möchte.

Ich würde mir etwas mehr Säure wünschen, das gilt für alle drei Weine. Das ist aber natürlich eine persönliche Präferenz, die die Ausstrahlung dieser sehr individuellen Rieslinge nicht schmälern soll.       

Die Weine sind hier zu beziehen.
Der Direttore möchte darauf hinweisen, dass wir für Verlinkungen, Verkostungen, etc. keinerlei Geld erhalten.
  

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