Scharmützel um mehr Profil - Rheingau – Erstes Gewächs 2012
Der Direttore im Außendienst. Vor ungefähr einer Woche
durfte ich einmal mehr den Rheingau besuchen. Keine Weinregion Deutschlands
außerhalb Frankens habe ich in den letzten Jahren mehr durchreist, jedoch fanden
die Renaissancen regelmäßig woanders statt.
Rheinhessen, die Pfalz. Andere konnten sich in der jüngsten
Vergangenheit mehr in den Schlagzeilen behaupten. Das soll sich ändern. Der VDP
Rheingau und der Rheingauer Weinbauverband blasen zum Angriff. Ich erlebte
innerhalb drei Tagen Winzer, die sich bei aller herausgearbeiteten Individualität, dennoch
dem Kollektivbegriff Rheingau engagiert verschrieben haben. Ich erlebte eine perfekte
Organisation. Aber am wichtigsten, ich erlebte Weine, deren Geschichte es wert sind laut erzählt zu werden.
Beim VDP Rheingau hat man sich entschlossen auf den Begriff „Grosse
Gewächse“ zu wechseln. Der Rheingauer Weinbauverband hält an der Bezeichnung „Erste
Gewächse“ fest. Der Rheingau ist seit 1999 die einzige Weinbauregion mit einer
wissenschaftlich erarbeiteten und gesetzlich geregelten Lagenklassifikation. Das
Festhalten an dieser Tradition kann den Winzern außerhalb des VDP ein
Alleinstellungsmerkmal bringen. Entscheidend wird aber der Qualitätsvorsprung
im Glas bleiben.
33 “Erste Gewächse” von 23 Weingütern wurden auf Chat
Sauvage, eine kleine hervorragende Pinot Domaine, der schreibenden Zunft zum Fraß
vorgeworfen.
Licht und Schatten lagen nah bei einander. Trotz dem
Prädikat „trocken“, reizen einige Weingüter den möglichen Restzuckergehalt
gänzlich aus. Jedoch wuchs die Zahl der absoluten Highlights im Gegensatz zum
Vorjahr. Hier ein Auszug meiner Favoriten.
2012 Lorcher
Bodental – Steinberg Weingut Mohr
Stimmig integriertes Holz, Druck, knackige Säure und eine
unglaubliche Tiefe und Länge. 92+
2012 Geisenheimer
Kläusenweg Weingut Sohns
Kühler Wein mit einer unheimlich filigranen Säure.
Komplex, lang. Großes Kino! 91+
2012 Hattenheimer
Engelmannsberg Weingut Hans Bausch
Hat schon richtig aufgemacht. Bezaubernde Frucht,
griffige Struktur, ordentlich Druck, hoher Trinkfluss, lässt dabei die
Spannung nicht vermissen. Macht richtig Spaß. 89
2012 Hattenheimer
Wisselbrunnen Weingut Stefan Gerhard
Die Lage Wisselbrunnen macht mir in 2012 auch schon beim
VDP Spaß. Reizende Würze, glasklare Struktur, stahlig, mineralisch. Herkunft herausgearbeitet.
Chapeau! 88
2012 Erbacher
Siegelsberg Schloss Reinhartshausen
Mein absoluter Favorit des Tages. Wer den Holzeinsatz
beherrscht, der bringt solch ein spannenden Riesling in die Flasche.
Polarisierend, keine Frage. Frische, Kühle Struktur, rassige Säure, dabei edel,
stoffig und lang. Spannend! 93+
2012 Hochheimer
Kirchenstück Weingut Uwe Schreiber
Griffig Struktur, strotzt vor Kraft, ernsthaft trockenes
Geschmacksbild bei gleichzeitig animierender Frucht, lang und tief im Finish. 92
Weitere Highlights
waren für mich
2012 Hochheimer Hölle
Weingut Rebenhof 88
2012 Hochheimer
Reichestal Weingut Sack 89
2012 Kiedricher
Wasseros Weingut Speicher-Schuth 88
2012 Hochheimer
Hölle Weingut Sack 87
2012 Hocheimer
Hölle Weingut W.J. Schäfer 90
Die Spätburgunder von Chat Sauvage waren einer der
angenehmsten Geschmacksüberraschungen des Wochenendes. Hierzu werden wir extra
berichten.
Es bewegt sich was, es wird diskutiert, es wird gemacht
und es wird teilweise gezaubert. Der Rheingau ist lebendiger als jemals zuvor. Das
Bündeln der triumphalen Eigenschaften wird die große Herausforderung der nahen
Zukunft sein. Das „von sich reden machen“. Qualitätsmäßig gibt der 2012
Jahrgang alles her, was man für einen großen seiner Historie braucht. Zugänglichkeit, ohne automatisch Tiefe und
Komplexität einzubüßen. Eine gesittete Balance zwischen Säure und Frucht.
Rheingau, quo vadis? Der Weg ist zumindest beachtenswert gepflastert für das gewünschte Ziel…
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