Südafrika oder kein Bedarf mehr an "Holz vor der Hüttn" - Eine Wiederentdeckung!
Eine Erfahrung meines Lebens hat mich sicherlich mit am
deutlichsten geprägt. Ich durfte einige Jahre im südlichen Afrika verbringen.
Angola, Namibia, Mosambik, Botswana und Südafrika. In Letzterem lebte ich
leider viel zu früh. Ich konnte zwar die einmalige Schönheit des Landes, die
Widersprüche zwischen der Herzlichkeit der Einwohner und den politischen
Spannungen und die folgewidrige Verwandtschaft zwischen Paranoia und absoluter
Freiheit kennenlernen, jedoch war ich leider für ein Thema noch zu jung und unbedarft,
den Weingenuss.
Wieder in Deutschland lebend, komplettierte ich diesen
Missstand. So wurde, neben Deutschland und Italien, Südafrika zu meiner
favorisierten Weinregion. Der Weinbau dort ist in Bewegung. Schon viele Jahre.
Die politische Historie ist nicht von der des Weinbaus zu trennen. Junge
schwarze Weinmacher und Weingutsbesitzer sind heute genauso "normal", wie auch
Weine aus den Townships. Natürlich sind noch nicht alle Probleme gelöst.
Geduld, Zeit, Mut und stetige Entwicklungen werden auch die letzten Missstände
ausräumen. Da bin ich mir sicher.
Die Anbaufläche in Südafrika liegt bei ca. 120000 Hektar.
Angeblich sind bis zu 350 000 Menschen im Weinbau beschäftigt. Die Regionen
unterteilen sich in Breede River Valley (u.a. mit den Distrikten Robertson und
Worcester), Klein Karoo, Coastal Region (u.a. mit den Distrikten Stellenbosch
und Paarl), Olifants River und noch einiger Distrikte, wie Cape Agulhas oder
Overberg, die keiner Region zuzuordnen sind.
Aufgrund der Dynamik der südafrikanischen Weinszene, war es
einmal wieder an der Zeit mir einen Gesamtüberblick zu verschaffen. So folgte
ich gerne der Einladung des Verbands WOSA (Wines of South Africa) Deutschland
die Messe „The Beautiful South“ in London zu besuchen. Schwerpunkte der
Veranstaltung waren Weine aus Chile, Argentinien und eben Südafrika. Das
Ganze fand in den Hallen des Messezentrums „Olympia“ statt. Was hat sich also
geändert zu meinen letzten großen Tastings vor ein paar Jahren?
Ein paar Eindrücke. Zum einen gefällt mir die wachsende
Diversität der Produzenten. Zum anderen die kontemporären Markenbildungen, die
mittlerweile weit über gefällige Bordeaux Blends hinausgehen. So sei der junge Alex Starey von Keermont
erwähnt. Seine frischen und kühlen Syrahs konnten mich begeistert. Weiterhin,
dass auch er erkannt hat, dass der übermäßige Einsatz von Holz vielen Weine in
Sachen Frucht und Säure nicht dienlich ist, sondern das Werk beiweilen
erschlägt. Unglaublich spannende Weißwein Cuvees komplettieren seine
Kollektion. Sein Vorbild Rhone ist
deutlich zu erkennen, nimmt ihm aber nicht seine Individualität.
Die für mich kompletteste und attraktivste Kollektion des
Jahres war eindeutig Springfield. Von meinem absoluten Lieblings-Sauvignon
Blanc „Life from Stone“ (Grün, grassig, mineralisch, rassige Säure=Sundwoner
Deluxe) bis hin zum edlen 2006er Methode Ancienne Cabernet Sauvignon, Inhaberin
Jeanette Bruwer aus Robertson leistet hier fair bepreiste Missionarsarbeit.
Mein größtes Ressentiment musste ich allerdings bezüglich Südafrikanischen
Vertretern von Chenin Blanc über Bord werfen! So ganz pauschal erwähnt, waren
dies für mich meist gefällige, fruchtige und oftmals Mainstream Brot und Butter
Weine. Unter anderem die Vertreter von Rijk`s haben mich eines besseren belehrt.
Vom Einstieg „Touch of Oak“ über die Mittelklasse „Private Cellar“ bis hin zum
edlen "Reserve". Chenin Blanc geht auch in nobel, spannend gereift, kühl,
elegant, stimmig, komplex, tief und lang. Ich bin nachhaltig begeistert, da
dies kein Einzelfall war. Von „Botanica“ bis „Tokara“. Anspruchsvolle Chenin
Blancs aus Südafrika sollte man auf dem Schirm haben.
Sein es die intensiven, eleganten und komplexen Chardonnays von
Chamonix, die autarken, spannenden und langatmigen Weine von Kevin Grants „Ataraxia“,
die individuellen, mutigen „Naturally Fermented“ Blends von Chris Alheit und
unzählige mehr. Es gibt dutzende Qualitätsgeschichten, die es wert sind zu
erzählen. Und das werde ich. Südafrika wird wieder eine feste Größe auf der La Gazzetta
del Vino. Viel zu nachlässig bin ich mit einzelnen „hin und wieder“ Berichten
mit diesem aufstrebenden und impulsiven Weinland in der Vergangenheit
umgegangen.
Natürlich ist nicht alles Gold, was glänzt. Übertriebener
Holzeinsatz, langweilige Bordeaux Blends und Marmeladenbomber bestimmen noch
einen Teil der Kulisse. Sie werden ihr Publikum finden. Die autarken, auch schwarzen
und spannenden Geschichten werden wir in den nächsten Wochen erzählen. Wir
würden uns freuen, wenn Sie uns, geneigter Leser, auf dieser Entdeckungstour
begleiten. Es lohnt sich.
Eine kleine Kostprobe gibt es heute schon. Wir fangen an mit
einem Pinotage aus der Einzellage „Jonathan’s Ridge“. Das Weingut Springfontein befindet sich nahe Stanford bei Hermanus
und ist das Südlichste des Weinbaudistrikts Walker Bay, nur fünf Kilometer vom
Atlantik entfernt. 1996 erwarb der Deutsche Johst Weber das Land. Heute führt er das Weingut zusammen mit seiner Ehefrau Jennifer Packard-Weber. Sie wollten die Ersten sein, die dort Wein anbauen. Dieser Pinotage
reift 18 Monate in neuen französischen Barriques. Pinotage, Südafrikas autochthone
Rebsorte, ist eine Kreuzung von Cinsault
und Spätburgunder (Pinot Noir). Schauen wir doch einmal, was der 2010
Jonathan`s Ridge unfiltered Pinotage von Springfontein zu erzählen hat.
Im tiefdunklen Rot mit rubinartigen Reflexen dreht dieser Single
Vineyard Vertreter seine Runden im Glas. Intensives und extrovertiertes Aroma
nach warmen Waldbeeren, Pflaumen und Lakritze. Baumtomaten, Mahagoni,
Zartbitterschokolade spielen mit. Das Ganze mit einem Schuss ordentlicher
Würze. Weißer Pfeffer und balsamische Noten nach Eukalyptus. Vielfältig, aber
nicht fett. Reintönig, nicht flüchtig. Am
Gaumen primär weiche Tannine und stoffige Frucht. Äußerst balanciert und kühl.
Keine breite Marmelade. Der Alkoholgehalt mit 15% spürbar, das Holz jedoch
stimmig und stabilisierend eingebaut. Langes und überraschend tiefes Finish.
Ein
präsenter und unglaublich spaßmachender Pinotage! Durch seine Balance, seine
Eleganz gekoppelt mit der druckvollen kühlen Frucht, ein Antidot gegen das
Vorurteil Pinotage sei der südafrikanische Dornfelder.
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