Consigliere Dröfkes sizilianische Heimatsendung, Ursprung vor Heimsuchung! - Passopisciaro Rosso Sicilia IGT 2010

Von Marc Dröfke
Für den heutigen Wein begeben wir uns in etwas südlichere Gefilde und fahren runter nach Italien. Ganz runter. Und dann mit der Fähre noch ein bisschen weiter. Auf die größte Insel im Mittelmeer. Nach Sizilien.

Einer der schönsten Flecken in Europa. Ganz bestimmt. Leider hat die Insel stark unter der Euro-Krise gelitten. Genau wie im Süden des Festlands, gibt es hier kaum Industrie. Das meiste Geld wird im Tourismussektor und in der Landwirtschaft verdient. Ein weiteres Problem ist der ausufernde regionale Staatsapparat, der immense Kosten verursacht. Die Jugendarbeitslosigkeit ist extrem hoch. Das Einzige was da noch hilft, ist auswandern. Oder ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis bei der Cosa Nostra.

Entgegen diesem Trend, scheinen die vielen kleinen aufstrebenden Winzer Siziliens allerdings ihre Läden im Griff zu haben. In den letzten 5 Jahren haben die Weine extrem an Popularität gewonnen. Man scheint dort begriffen zu haben, dass nicht die dicken, über-extrahierten Knaller die Leute nachhaltig anziehen, sondern auch feine, eher kühle Weine mit Finesse. Diese bevorzugt aus den heimischen autochthonen Rebsorten.

Diese Gebinde findet man am ehesten bei Winzern, deren Reben in relativer Nähe zur Küste liegen, wo der Wind des Meeres durch die Wingerte strömt und die Weinberge sehr hoch liegen, so dass es in den Nächten deutlich abkühlt. Sehr sinnvoll, da die Tage extrem heiß werden können.

Und wo findet man diese hoch liegenden, kühlen Gebiete in Sizilien? Genau, bevorzugt am Ätna. Das Wahrzeichen Siziliens ist 3323 Meter hoch und damit der höchste und außerdem auch der aktivste Vulkan Europas. Der nach allen Seiten hin freistehende Berg, erhebt sich bis auf die dreifache Höhe der ihn umgebenden Gebirgszüge.

Am Fuße des Vulkans bewirtschaftet Andrea Franchetti seine Reben. Franchetti, der ein bisschen aussieht wie Yves Saint Laurent, ist ein umtriebiger Mensch. Er wuchs als Sohn einer reichen Amerikanerin und eines italienischen Bergsteigers in Rom auf. Mit 18 Jahren bricht er das Gymnasium ab und fährt mit dem Rad nach Afghanistan. Dort schreibt er Reiseberichte und später -  wieder daheim in Rom – Filmkritiken. Danach geht es über den großen Teich. Nach New York. Doch auch dort findet Franchetti nicht sein Glück.

Er kehrt heim nach Italien und erwirbt für relativ kleines Geld ein Stückchen Land in der Toskana, die spätere Tenuta di Trinoro. Dort keltert er aus den internationalen Rebsorten Cabernet Franc, Merlot, Cabernet Sauvignon und Petit Verdot einen Wein, den er nach dem Weingut benennt. Der Stoff wird eine Erfolgsstory.

Doch Franchetti hat noch nicht genug und sucht Anfang des neuen Jahrtausends nach einer neuen Herausforderung. Am Ätna findet er diese. In sehr hoher Lage, satte 1000 Meter über dem Meeresspiegel, kauft er im Jahre 2001 60-110 Jahre alte bestockte, teilweise als Terrassen angelegte, Weinberge, die er wieder aufrichtet. Gleichzeitig setzt er auch neue Rebstöcke, um eine breitere Bezugsquelle zu ermöglichen.

Neben einigen Weinen aus Einzellagen, produziert er auch noch seinen „Einstiegswein“ Passopisciaro. Ebenfalls der gleiche Name, den das Weingut trägt. Die Trauben für den Stoff stammen von verschiedenen Paarzellen, die allerdings ein Rebstock Alter von durchschnittlich 80 Jahren aufweisen. Die Rebsorte hier ist der Nerello Mascalese, eine autochthone Rebsorte Siziliens. Franchetti geht auf Passopisciaro dadurch einen anderen Weg wie in der Toskana. Einen ursprünglichen. Der Wein wird in großen Holzfässern 18 Monate ausgebaut. Ohne Make-Up sozusagen.

Passopisciaro Rosso Sicilia IGT 2010
Der Wein fließt mit einer sehr hellen, nahezu durchsichtigen Farbe ins Glas und erinnert sehr stark an einen Pinot aus dem Burgund. In der Nase geht diese Analogie weiter. Sehr feine rotfruchtige Aromen nach roter Kirsche, roter Johannisbeere und Cranberry, dahinter etwas Apfelschaale, Grapefruit, Zeste von einer Orange gemixt mit einer unheimlichen trockenen, erdigen, staubigen, sehr an Asche erinnernde Komponente.

Im Mund fällt als erstes die hohe Säure auf. Nicht negativ allerdings. Sie sorgt dafür, dass man den relativ hohen Alkohol von 14% gar nicht merkt. Also so wirklich überhaupt gar nicht. Wieder rotfruchtig getrimmt, hat dieser, eher leicht wirkende Wein, einen extrem mineralischen „Drive“, der mir unglaublich gut gefällt. Sehr gut strukturiert sind auch die Tannine. Das Finish wirkt etwas brandig. Das ist aber der einzige kleine Kritikpunkt.

Ein Wein von einem Tausendsasa, der zeigt wie man autochthone und Terroir geprägte Weine im Stile eines Burgunders, auch in Italiens nahezu heißester Region vinifizieren kann. Wahnsinnig spannend! Tanto di Cappello e Grazie, Andrea Franchetti!

Der Wein ist für ca. 30€ hier zu beziehen.
Der Direttore möchte darauf hinweisen, dass wir für Verlinkungen, Verkostungen, etc. keinerlei Geld erhalten. 

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