Das pfälzer Einhorn - Koehler-Ruprecht und seine Auslese „R“ aus dem Jahre 1998


Von Marc Dröfke
Seit geraumer Zeit, ungefähr August des vergangenen Jahres, geistern auf den einschlägigen Twitter und Instagram Accounts der führenden Sommeliers der USA sogenannte „Unicorn Wines“ umher. Um die entsprechenden Flaschen zu kennzeichnen wird der Hashtag #unicornwine verwendet. 

Zu aller erst habe ich mich gefragt: Was soll der ganze Blödsinn? Was bedeutet „Unicorn“ überhaupt? Übersetzt bedeutet es Einhorn. Ja genau, das Pferd mit dem Horn auf dem Kopf. Hä? Und was hat das Vieh bitte mit Wein zu tun?

Einhörner haben angeblich etwas Mystisches an sich und gelten in Sagen als Tiere, die sehr selten vorkommen. Die Vermutung liegt nahe, dass der entsprechende Wein einfach schwer zu finden und sehr teuer sein muss.

Die Sommeliers definieren es etwas anders. Der Stoff muss nicht zwingendermaßen sehr teuer sein, die Verfügbarkeit jedoch sehr knapp. Rajat Parr, u.a. Weindirektor der Michael Mina Group, beschreibt das Phänomen wie folgt: "A wine that is rare, not seen much, special bottlings. Not always the most expensive but just hard to find."

Andere Erklärungen von anderen Somms sehen so aus:
 "You feel genuinely uncomfortable when opening because it may never happen again." (Chad Zeigler)
"The winemaker is no longer with us or retired." (Rajat Parr)
"If you have to ask, it ain't Unicorn." (Levi Dalton)
Wen es interessiert was für die Jungs und Mädels so alles unter die Rubrik „Unicorn-Wine“, fällt der soll einfach mal auf Twitter bzw. Instagram nach dem Hashtag suchen.

Einen Wein der für mich unter diese Kategorie fällt, möchte ich hier heute vorstellen. Dazu fahren wir nach Kallstadt in die Pfalz, zu einem der renommiertesten Weingüter ganz Deutschlands. Die Rede ist vom Weingut Koehler-Ruprecht. Innerhalb des Betriebs gilt es einen Namen nochmals deutlich zu unterstreichen: Bernd Phillipi.

Phillipi, der im Jahr 1986 das elterliche Weingut übernahm und von dort an von Erfolg zu Erfolg eilte. Vor allem die überaus lagerfähigen Rieslinge, ganz besonders die trockene Spätlesen und Auslesen, erringen rasch einen Ruf wie Donnerhall. Denn die ganz und gar handwerklich bereiteten Weine, die langsam im Holzfass reifen, entwickeln sich auf der Flasche so gut, dass sie oft erst nach fünf oder gar zehn Jahren ihre volle Komplexität ausspielen.

Die Weine von vielen anderen Pfälzer Weingütern sind nach so vielen Jahren längst verblasst. Doch Zeit ist ein Mittel mit dem in diesem Weingut Wunder vollbracht werden. Seit 2 Jahren ist Phillipi allerdings nur noch beratend auf dem Gut zuständig. Die Qualität der Weine scheint darunter, so viel man hört, etwas gelitten zu haben. Allerdings habe ich selbst noch keine Koehler-Ruprecht Weine aus den aktuellen Jahrgängen getrunken und konnte mir so keine explizite Meinung zu diesen Vorwürfen bilden.

Die bekannteste Lage ist der „Kallstadter Saumagen“ aus der das Weingut ausschließlich seine Top-Weine keltert.

In sehr guten Jahrgängen wird eine besonders trockene Spät- sowie Auslese „R“ produziert. Diese Weine sind nur in geringer Anzahl zu finden, denn es werden nur wenige Fässer, respektive Flaschen, von diesem Kultstoff gefüllt. In der Regel sind diese Flaschen schon kurz nach der Veröffentlichung restlos ausverkauft. Eine Spätlese “R” kommt 4 Jahre nach der Lese der Trauben auf den Markt, eine Auslese “R” erst nach 6. 

Die von mir getrunkene Auslese „R“ aus dem Jahre 1998, wurde im Rahmen einer Best-Bottle Probe geöffnet und ungefähr eine Stunde vor dem probieren in eine Karaffe gegeben. Der Wein markierte, zusammen mit einem Riesling Smaragd aus der Lage Dürnsteiner Kellerberg vom Wachauer Produzenten F.X. Pichler, den ersten Flight dieser Probe und legte die Latte für alle darauffolgenden Gewächse sehr hoch.

In einer sehr intensiven, goldenen Farbe zeigte sich der Stoff im Glas. Keine Anzeichen von Altersschwäche (nach 16 Jahren). Die Nase präsentiert sich exotisch mit Aromen von Mango, Papaya, Marille und reifem Pfirsich. Daneben ein Busch voll Kräuter, Akazienhonig, etwas Salbei und einen Hauch von Zimt. Die wirkliche Bombe zündet der Wein am Gaumen. Unglaublich konzentriert und cremig, nimmt der Stoff jeden Millimeter des Mundes ein, wirkt dabei aber niemals zu opulent oder gar überladen. Nein, er zeigt sich unheimlich elegant, sanft aber gleichzeitig so vibrierend. Die Säure bleibt dabei im mittleren Bereich. Am Mittelgaumen zeigt der Wein noch eine sehr schöne mineralische Komponente, die übergeht in ein nahezu endloses Finale.

Ein Monument deutscher Winzerkunst und der beste Riesling, den ich bisher genießen durfte.

Der Spender dieser Auslese öffnete am Ende der Probe noch den Eiswein des Weingutes, ebenfalls aus dem Jahre 1998, der die Einzigartigkeit dieser Weine nochmals untermauerte. Natürlich vom Stil her ein ganz anderer Saft, zeigte er die perfekte Symbiose von Säure und Restzucker und schloss diese großartige Probe.   
  
 

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