Miss Tutti Frutti und der ganzheitliche Gastronomieansatz oder 2011 Domaine de Noiré 'Soif de Tendresse' Chinon
Der Direttore erlaubt es sich im Namen der Subjektivität
einige Gastronomen in Sachen Wein zu beraten. Ja da schau her! Warum? Weil er
es kann. Kein Schulbuch ersetzt den Gaumen der Straße. Jedoch ergänzt ein gutes
Schulbuch den geschmackvollen Gaumen zu einem ganzheitlichen Ansatz, der aus
dem Straßengaumen vor allem eines macht, einen Profi! Davon ist der Verfasser
dieses Blogs natürlich ähnlich so weit entfernt wie die Fertigstellung des Baus
der Elbphilharmonie.
In dieser Art Beratungsform wird man oft auf die Probe
gestellt. Man wird zur Objektivität gezwungen. Seinem eigenen Geschmack
entrissen. Dem Kunden so nah. Den Abgrund vor Augen. Einem “Ich mag fruchtige Wein“ ist kaum ein „Ich
nicht“ zu entgegnen. Diese Arroganz darf nicht Einzug in den Kreuzzug der
Weinbespaßung halten! So war ich lange auf der Suche nach einem Kompromiss. Nun
scheint es als hätte ich ihn gefunden. An der Loire. Im Anbaugebiet Chinon.
2000 Hektar umfasst diese Appellation im Südwesten von Touraine. Cabernet Franc, der dort auch Bretone genannt
wird, und Cabernet Sauvignon, sorgen im Chinon für die roten Vertreter, Chenin
Blanc für die Weißen. Terrassenförmige Weinberge am Ufer der Loire und der
Vienne bestimmen das dortige ästhetische Bild.
Miss Tutti Frutti entstammt der Domaine de Noire. Jean-Max Manceau ist hier der Künstler. Er
besitzt dieses Weingut erst seit 2001. Mit dem 'Soif de Tendresse' („Durst nach
Zärtlichkeit“) beschert er mir eine kleine Überraschung aus 100% Cabernet Franc
ins Glas. Zwingt mich Jean-Max meine liebgewonnen Ressentiments zu überdenken?
Rubinrot mit dichter Viskosität dreht der Fruchtbekehrer
seine Runden im Glas. Eingekochte Pflaumen, Johannisbeeren, Pfeifentabak und
ein deutlicher Holzton, der aber nicht stört, sondern eher an einen gereiften
Single Malt erinnert. Primär die angesprochene präsente und zartsüße Frucht.
Sie dominiert das Geschmacksbild. Meine Sympathie wird durch die erdigen und mineralischen
Einschläge erweckt, sowie das trockene Finish. Die Säure ist sehr gefügig,
ähnlich die Tannine und der Alkohol. Stoffiger und saftiger Körper. Insgesamt
sehr stilvoll und komponentenreich, trotz der dirigierenden Frucht.
Beträchtliche Länge.
“Ich mag fruchtige Wein“ kann ab heute getrost mit „Da hätte
ich doch was für Sie“ beantwortet werden. Und was mach ich mit meinen Ressentiments?
Weiterhin kultivieren und so tun als ob dieses Degustationsereignis nie
stattgefunden hätte…
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