Gault Millau Weinguide 2012 oder ewig grüßt die Subjektivität

Jedes Jahr erneut ist die Diskussion um den neuen Gault Millau Weinguide pünktlich zum November eröffnet. Jedes Jahr erneut stellt man einheitlich fest, dass diese Diskussion jedes Jahr ähnliche Argumente mit sich bringt. Jedes Jahr stellt man dann final fest, dass die Diskussion überflüssig sei. Nachdem also dieses Ritual ein solches geworden ist, möchte der Direttore auch ein paar Gedanken zum Weinführer und die Rolle des "Social Media Wein Ballons" zum Besten geben. Die Weinwelt- und die Weinonlineszene hat schon ein leicht schizophrenes Verhältnis zu den Bewertungen im Gault Millau Weinguide. Dieser bewertet die Weingüter nach Trauben und die Weine innerhalb des umstrittenen 100 Punkte Systems. Erhält nun ein Weingut der kollektiven Zustimmung eine Traube mehr oder bessere Bewertungen, dann erhält es wahre Glückwunschlawinen auf den üblichen Social Media Plattformen. "Gratulation", "Das hast du dir verdient!", "Belohnung für harte Arbeit", die Lobeshymnen nehmen ihren Lauf. Dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden. Interessant wird es aber dann, wenn ein Weingut, das wiederum kollektive Zustimmung erfährt, abgewertet wird. Wahre Entrüstungsstürme brechen hier los. "Skandal!", "Die Verkoster haben keine Ahnung" bis hin zu "Die Verkoster stehen im Interessenkonflikt, da sie selber Wein verkaufen!". Dagegen ist weiterführend auch überhaupt nichts einzuwenden, wären es nicht teilweise dieselben Stimmen, die hier ganz nach Gusto die grundsätzliche Einstellung zum Gault Millau Weinguide plötzlich ändern. Nun, dem Gault Millau kann diese Debatte nur helfen. Er bleibt im Gespräch. Ich persönlich finde den Gault Millau Weinguide an sich einen hilfreichen Führer. Sicherlich nicht für Weinexperten. Für ambitionierte Weinfreunde gibt er aber einen übersichtlichen Eindruck über die Weinlandschaft Deutschlands. Dabei ist es oft gar nicht so wichtig, ob nun das Weingut 4 oder 5 Trauben hat oder der Wein 88 oder 92 Punkte. Ich sehe den Gault Millau eher als Bibel des Weintourismus, sowohl für physische Reisen als auch für die im Glas. Hier gilt ganz einfach die Macht der Subjektivität. Das fängt schon an, dass beim GM nicht blind verkostet wird. Immer wieder ein großes Streitthema inwieweit das Etikett bzw. der Name die Verkostung beeinflusst. Wenn man aber einen entspannten Schritt zurückgeht, dann muss man feststellen, dass die Bewertungen der Weingüter an sich schon in Mehrheit richtig liegen, was Relevanz angeht. Dass sich jeder im Geschmack der Heiligste ist, ist vollkommen menschlich, aber wie viel Daseinsberechtigung hat ein Weinführer, der irgendwelchen Trends hinter herspringt, weil es gerade der Rebsaftgemeinde so passt? Deshalb finde ich es auch mutig, dass Wagner Stempel aus Rheinhessen abgewertet worden ist. Ich teile diese Einschätzung zwar in keinster Weise, aber wenn die Verkoster des GM zu diesem Schluss kommen, dann ist es nur konsequent diesen auch zu veröffentlichen. Beim Winzer des Jahres mit Matthias Müller vom Mittelrhein ist eine gute Wahl getroffen worden. Er überzeugt durch eine gute Kollektion mit absolut erträglichen Preisen. Ansonsten ist man sehr traditionell verstaubt, was die Auszeichnungen Deutschlands bester Weine angeht. Raumland steht zum Beispiel bei den Sekten seit Jahren außer Konkurrenz. Egon Müller ausgezeichnet für die Kollektion des Jahres. Grandioser Weinmacher, aber die Rebsortenauswahl ist doch sehr rieslingdominant und eher weniger im trockenen Bereich angesiedelt. Als treffend kann man Rudolph Knolls Einschätzung von meiner Heimat Franken bezeichnen. Nun, wie gesagt, alles in allem ist der Gault Millau durchaus konsequent, was nicht davon abhält, dass manche Entscheidungen streitbar sind. Aber ist dies nicht Aufgabe eines Weinführers sein eigenes Profil herauszuarbeiten? Am Ende frei nach Shakespeares "Viel Lärm um nichts" komme ich erneut zu dem Schluss, dass auch der Gault Millau Weinguide 2012 das Standardwerk zum Thema Deutscher Wein bleibt. Streitbar, aber ohne Konkurrenz...

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