"Wein gewonnen in Österreich aus in Ungarn geernteten Trauben" WTF?! - 2009 Pala Blaufränkisch Uwe Schiefer


Wenn ich dachte, dass ich mit Rosi Schuster, Moric, Bernhard Ernst etc. schon im Endstadium der burgenländischen Avantgarde angekommen wäre, dann lag ich meilenweit daneben. Ich musste näher an die Grenze. Der Direttore musste ein Bein in den ungarischen Wingert Uwe Schiefers setzen, um tatsächlich nochmal herausgefordert zu werden. Seine Faszination über das österreichische Weinanbaugebiet Burgenland und im speziellen über die Rebsorte Blaufränkisch konnte dies nur manifestieren, quasi in Schiefer meißeln.

Gleichnamiger betreibt im Südburgenland auf 5 Hektar eisenhaltigen Lehm- und Tonschieferboden Weinbau. Seine Weine vergärt er alle spontan. Die Trauben des Pala, was auf Ungarisch nichts anderes bedeutet als „Schiefer“, stammen von Schieferböden eines Weinberges auf der anderen Seite der Grenze in Ungarn, den Uwe seit ein paar Jahren bewirtschaftet.

Was macht mich an diesem Grenzgänger also so einschneidend sprachlos?

2009 Pala Blaufränkisch Uwe Schiefer
Die Nase hält, was der Name verspricht. Fulminantes würziges Aroma. Balsamische Noten, Bleistift, Schiefer, grüner Pfeffer, Röstaromen, Leder und viel Pfeifentabak. Auf der anderen Seite die kühle und graziöse Frucht. Himbeeren, Blaubeeren und ein wenig Hagebutte. Das Ganze wirkt in keinster Weise üppig oder verschwenderisch. Das Bukett konzertiert sich auf seine sehnige und grazile Art und Weise. Fast schon sarkastisch gegenüber jedem offensichtlichen Fruchtschmeichler. Mutig!

Am Gaumen erst einmal ein kleines Zusammenzucken. Das liegt nicht an den Tanninen. Ganz im Gegenteil, diese verhalten sich auffallend seidig und elegant. Nein, auf der Zunge breitet sich ein erdiger, mineralischer und unheimlich fordernder Geschmack aus. Er lässt einen auf den ersten Schluck ratlos zurück. Die straffe Struktur und die erneut kühle und auffallend schlanke Frucht, verlangen nach einem zweiten Glas. Der Wein verhält sich wie ein Chamäleon. Komplex und tief. Das puristische Wechselspiel findet kein Ende. Die 12,5% Alkohol sind federleicht eingebaut, die Lagerung im 300 Liter Holzfass merkt man dem Blaufränkisch stimmig, aber nicht auffallend an.

Im Finish nachhaltig würzig und staubtrocken. Kein Wunder bei einem Restzuckergehalt von 1 g/l. Der spontanvergärte Grenzgänger ist einer meiner aufregendsten Weinerlebnisse in letzter Zeit. Uwe Schiefer ist mit seinem Pala nicht angetreten, um einem breiten Publikum nach dem Mund und Gaumen zu vinifizieren. Er schafft hier einen charakterstarken Individualisten, der sich in der Herkunfts- und Bodenkunst zuhause fühlt, nicht aber im lauten Hause Springer.

Ich finde diesen Wein äußerst mutig. Er fordert, er drängt und erwartet mit jedem Schluck Konzentration. Nachhaltiges und avantgardistisches Erlebnis auf der vinophilen Kleinkunstbühne. Ich fühlte mich bestens unterhalten…

Für ca. 21,90€ bei Weinhändlerlegende Martin Kössler hier zu beziehen.

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