VinoCamp 2014 - Consigliere Dröfkes Mammut Bericht über das großartigste Wein Event des Jahres! #vcd14 #weinrallye

von Marc Dröfke
Gleich mal vorneweg: Das ist ein relativ langer Text, aber ich denke, das Vinocamp hat diese Ausführlichkeit verdient.

Ein Wochenende voller neuer Eindrücke, unterschiedlichster Inspirationsquellen, etwas wenig Schlaf, mit vielen netten, passionierter Menschen und ganz, ganz viel Wein und Essen liegt hinter mir. Zu verdanken habe ich das dem Vinocamp 2014, das als eine Art „Barcamp" von Dirk Würtz und Thomas Lippert mittlerweile schon zum fünften Mal ins Leben gerufen wurde. 

Und bereits hier müsste ich zu einer großen Dankesrede ansetzen, denn was die beiden da auf die Beine gestellt haben, ist schlicht und ergreifend ueberwaeltigend. Ich durfte eine perfekt organisierte Veranstaltung über drei Tage hinweg erleben. Was für ein Aufwand dahintersteckt, kann sich wahrscheinlich niemand vorstellen. Speziell das übergreifende Thema dieses Jahres, „Wein & Speisen“, trieb den Organisationsaufwand auf die Spitze. Die Anstrengung sah man den beiden dann auch an. Das soll nicht das gute Aussehen der beiden in Frage stellen, sondern eher ein Anstoß an alle zukünftigen Teilnehmer sein, sich mehr in der Organisation zu engagieren und den beiden auch damit Last von den Schultern zu nehmen. 

Am Samstag morgen ließ Lippert bei der Begrüßung bereits anklingen, dass ein Vinocamp in dieser Form und mit diesem Aufwand nicht mehr möglich sein wird. Ich denke hier ist jeder selbst gefragt, seinen Teil zu diesem, wie Christina Fischer so treffend sagte, „besten Format in Sachen Wein in Deutschland überhaupt“ beizutragen. Ich für meinen Teil habe mir schon Gedanken gemacht, was für eine Session ich denn das nächste Mal eventuell anbieten könnte und habe da schon die ein oder andere Idee.


Das Camp begann für die Teilnehmer, die wie ich bereits am Freitag angereist waren, mit einer Führung durch das Weingut Robert Weil in Kiedrich. Das Gut zählt zu den größten & bekanntesten Betrieben im Rheingau und kann von sich behaupten, eines der einzigen Weingüter in Deutschland mit einer Art „Chateau-Charakter“ zu sein. Kein geringerer als der Chef Wilhelm Weil persönlich führte uns durch die auch archetektonisch schön gestalteten Anlagen. 

Dabei erklärte er uns die Vorgehensweise, die das Weingut zur Bereitung ihrer Gebinde nutzt. Ganz besonders haben sich zwei Zitate bei mir eingebrannt: 1.) „Der Wein wird im Weinberg erzeugt. Im Keller kann man nur versuchen, das zu erhalten, was aus der Lage stammt.“ und 2.) „Einen großen Wein kann man nicht kopieren und er muss eine gewisse Lagerfähigkeit aufweisen.“ Ich würde beide Zitate gleich unterschreiben. 

Letztendlich landeten wir im Keller des Gutes, wo eine kleine Verkostung stattfinden sollte. Den Weinen von Weil wird oft nachgesagt, sie seien eher eine Art „Mainstream“.  Das kann ich so nicht bestätigen. Laut den Vorgaben von Dirk Würtz sollte sich Wilhelm Weil bei der Verkostung auf drei Weine reduzieren, am Ende waren es insgesamt sieben. Da war es bereits, das erste Highlight des Vinocamps. Eine genauere, lesenswerte Beschreibung der Verkostung findet ihr beim Blogger-Kollegen Felix „Schnutentunker“ Bodmann. Vielleicht noch eine kleine Anmerkung: Weil meint, dass der 2013-Jahrgang in der Spitze unbedingt zu wahrer Größe auflaufen kann. Wir dürfen gespannt sein.


Danach ging es weiter zum Weingut „Von Oetinger“, einem kleiner Erzeuger aus Eltville, den man unbedingt auf dem Schirm haben sollte. Achim Oetinger keltert in seinem kleinen Keller Weine, die sich gewaschen haben: sehr eigen, nahezu nur spontanvergoren, mit einem absoluten Qualitätsanspruch. Extrem kleine Erträge, bei denen man sich fragt, wie man damit überhaupt Geld verdienen kann. 

Aber Oetinger machte klar, dass er mit ganzem Herzblut hinter seinem Qualitätsanspruch steht. Die Weine, die ich probieren konnte, waren alle sehr geschliffen, bone-dry, hoch in der Säure mit unheimlich viel Gripp und Zug am Gaumen. Vor allem die Fassproben der Großen Gewächse „Marcobrunnen“ und „Hohenrain“ aus 2013 haben mir sehr gut gefallen. Meiner Meinung nach spielt der 2013-Jahrgang mit der generell etwas höheren Säure Oetinger noch in die Karten, kann er noch mehr ans Limit gehen. Die Weine sind sicherlich nicht „Everybodys-Darling“. Für mich aber auf jeden Fall eine Entdeckung.  
 
Der Ausklang des Abends fand im Gutsausschank des Weingutes statt, wo ich zum ersten Mal meinen „Chef“, den Direttore, zu Gesicht bekommen habe. Mittlerweile „arbeiten“ wir nun fast schon ein Jahr zusammen, haben uns zuvor aber noch nie getroffen. Nur soviel: Die Person Phillip Erik Breitenfeld ist ein positives Erlebnis für sich -  in jeder Hinsicht. Punkt. 

Um 11 lag ich schon in den Federn, denn am nächsten Tag ging es bereits um 9 Uhr richtig los. 


 

Beginnen tut das Vinocamp am Samstag traditionell mit einer Vorstellungsrunde der Teilnehmer. Was ein bisschen wie ein Sitzkreis früher in der Schule anmutet, war für mich als erstmaligem Teilnehmer interessant. Ich konnte ich mir einen Überblick verschaffen, wer alles teilnimmt und die Namen, die man in Facebook schon ab und an gelesen hat, entsprechend den Personen zuordnen. Danach ging es schon zur Session-Planung, es stand Interessantes auf dem Programm. 

Die erste Session die ich besuchte, war von dem Team der Medienagenten unter dem Motto: „Lage oder Marke? Wie vermarkten sich die Winzer der Zukunft? “ angeboten worden. Felix Eschenauer und Jochen Stange führten durch eine sehr interessante Session mit einem Thema, das ich nicht sofort mit Wein assoziiere.  Sie stellten drei ihrer Projekte vor, bei denen ein Wein nicht über seine besondere Lage oder Rebsorte vermarktet wird, sondern eher über die Arbeitsweise des Winzers, die Persönlichkeit oder den Weinstil - anschaulich gemacht über das Etikett. Als Anschauungsmaterial dienten der „Spontan“ Riesling vom Lubentiushof (für mich übrigens der Beste der drei Weine), „Blutsbruder“ vom Weingut Karl May und der mittlerweile schon etwas bekanntere „Pornfelder“ von Lukas Krauß, der schon durch seinen Namen für Furore gesorgt hat. Mehrere Teilnehmer dieser Session warfen die Frage auf , ob die versprochene Qualität auch beim Endverbraucher ankommen wird.


Die nächste Session war eine Geschichtsstunde von Dr. Daniel Deckers zum Thema „G(e)REIF(te) Weine! – Eine flüssige Zeitreise auf den Spuren des VDP Traubenadlers“ und ein absolutes Highlight dieses Vinocamps. Deckers erklärte anhand von vielen alten Abbildungen, Karten und Statistiken ein Stück deutsche Weingeschichte. Dazu gab es sechs gereifte Rieslinge von der Niersteiner Glöck Spätlese aus dem Jahr 2003, von der Staatlichen Weinbaudomäne Oppenheim/Rheinhessen bis hin zu einer 1976ger Rauenthaler Steinmächer Spätlese vom Weingut Hans Lang aus dem Rheingau. Hier gilt ein großer Dank dem VDP, der diese gereiften Schätze zur Verfügung stellte.



Weiter ging es wieder mit gereiftem Riesling in einer Session von Marc Herold. Dabei drehte es sich grundsätzlich um alte Rieslinge, worauf beim Kauf zu achten ist, auf welche Weingüter man setzen sollte und wo man diese Gewächse noch einigermaßen seriös erwerben kann. Dabei gab es drei Weine, u.a. eine feine Spätlese „Rauenthaler Baiken“ vom Kultweingut Schloss Eltz aus dem Jahre 1966. Ein für sein Alter schöner Wein, der, wie Hermann Höhle es treffend beschrieb, etwas beruhigendes hat. Ebenfalls sehr gut war eine „Bernkasteler Lay Auslese“ 1998 aus dem Hause Joh. Jos. Prüm, das für mich ohnehin ein Phänomen ist. Diese Weine kann man einfach immer trinken. Zum Frühstück, in der Mittagshitze auf der Terrasse oder als Schlummertrunk, bevor man ins Bett springt. Sie tanzen fast schwerelos über die Zunge und machen niemals satt. Die Balance zwischen Säure und Restzucker schaffen wenige so gut wie Prüm.

Danach war die Zeit der Sozialen Weinproben gekommen, für die man sich im Vorfeld des Camps bereits anmelden konnte und auch sollte. Zum Thema „Autochthone Rebsorten“ kämpfte ich mich mit den anderen 7 Teilnehmern durch fast 20 Weine, von denen mich ehrlich gestanden nur 4-5 wirklich überzeugten. Gefreut hat mich besonders, dass mein Mitbringsel, der Frappato von Arianna Occhipinti, so gut aufgenommen und bewertet wurde. Auch für mich ein Wein in der 20 Euro Gegend, der mit seinem unheimlichen Trinkfluss und einer tollen Leichtigkeit beeindruckte. Trotz der zum Teil etwas schwierigen Weine eine unterhaltsame Probe.




Nun war es Zeit für die abendliche Party und die Vergabe des Wine-Online-Award. Während Brasilien sich zum Sieg gegen Chile kämpfte, wurde das Weingut Franzen mit dem Award in der Kategorie „Fotografie“ geehrt. Die Kategorie „Bester Artikel“ gewann völlig zurecht Christoph Raffelt mit seinem Champagner-Artikel. Markus Budai merkte am Sonntag auf der Rückfahrt kurz an, dass die ganze Champagner-Serie sehr gut und nahezu druckreif ist. Sie könnte ohne weiteres in einem Magazin erscheinen. Dem kann ich nur voll zustimmen. 

Tosenden Applaus gab es auch beim letzten Gewinner des Abends, Hermann Höhle sahnte mit seinem Weinlagen-Info den Preis für das beste „Projekt & Initiative“ ab. Ich könnte mir keinen würdigeren Gewinner in dieser Kategorie vorstellen. Eine solche aufwendige und akribische Arbeit muss belohnt werden. Wunderbar war auch die emotionale Dankesrede.



Danach gab es Wein satt. Mir fällt es schwer, hier alle Höhepunkte aufzuzählen, es waren einfach zu viele. Trotzdem gibt es hier eine kleine Übersicht. Vielen Dank an Felix Eschenauer für einen sehr grazilen, eleganten „Spätburgunder „R“ 2001 von der erst vor kurzem verstorbenen, deutschen Winzerlegende Bernhard Huber.  Danke an Felix Bodmann für einen der besten trockenen Rieslinge, den ich bis dato trinken durfte - den vor Mineralität strotzenden „A. de. L.“ 2008 aus der Magnum vom Weingut Schönleber. 

Danke an Marc Herold für den fleischigen, viel zu jungen „Corton Renardes“ Grand Cru von Vincent Giradin. Ich weiss, Eigenlob stinkt, aber die Weine aus meinem Keller waren ebenfalls nicht schlecht. Toll der sehr seltene, mit einem sensationellen Trinkfluss ausgestattete Chardonnay 2011 von Houillon-Overnoy aus dem Jura. Oder der einfach unglaublich ausbalancierte, ebenfalls fast zu junge „Le Bourg“ von Clos Rougeard aus dem Jahre 2002, der beweist, dass die Weltklasse in Sachen Cab. Franc von der Loire kommt und ein Cornas aus dem Hause Thierry Allemand mit dem Namen „Reynard“  trotz seines Alters von 14 Jahren wie fast frisch abgefüllt wirkte und mit seiner Power und Saftigkeit mich nahezu sprachlos machte. Als Nightcap gab es nichts Geringeres als ein Glas einer 1976ger „Rauenthaler Rothenberg“ Auslese von Schloss Eltz. Danach ließ sich wirklich gut schlafen.


Leider war die Nacht etwas kurz und so ging es leicht angeschlagen in den Sonntag Morgen. Komischerweise ging es fast allen Teilnehmern ähnlich wie mir. Getreu des Mottos „Wer saufen kann, kann auch aufstehen“ ging es aber dennoch um 10 Uhr in die erste Session des Tages zum Oberthema „Weinhandel“. Hier wurde die Themen zum Weinfachhandel vs. Onlinehandel und einige andere Facetten des Weinhandels beleuchtet. 

Danach kam die große Lehrweinprobe, die dieses Jahr unter dem Motto „Essen & Trinken“ mit einer breiten Spanne verschiedener Gerichte und dazu passender Weine aufwartete. Es war sehr, sehr spannend zu sehen, wie die entsprechenden Speisen mit den Weinen harmonierten und der Wein das Essen bereicherte. Ein riesiges Dankeschön gilt dabei der Moderatorin Christina Fischer, die mit ihrem enormen Erfahrungsschatz diese Session leitete. Dazu muss auch dem ganzen Küchenteam um Gabi & Daniel Würtz gedankt werden, die wirklich alles menschenmoegliche getan haben, damit alle Teilnehmer entsprechend versorgt waren.


Danach hieß es für mich bereits Abschied nehmen. Leicht ist es mir nicht gefallen. So viel zum Thema Wein hab ich in zwei Tagen noch nie gelernt. Gott sei Dank geht die Geschichte des Vinocamps weiter. Wahrscheinlich anders als bisher, aber ich denke nicht schlechter. In diesem Sinne, bis zum nächsten Mal!
Das Vinocamp ist ebenfalls Thema der Weinrallye diesen Monats. 

Den Gastgeber Peter Züllig findet ihr hier: http://www.sammlerfreak.ch/2014/06/20/weinrallye-75-thema-vino-camp-deutschland/

Weitere Beiträge die bereits online sind:

Susanne Werth-Rosarius von 180 Grad mit einer Live-Berichterstattung: http://hundertachtziggrad.blogspot.de/2014/06/live-vom-vinocamp-vcd14.html

Schnutentunker Felix Bodmann mit seinem Bericht vom Weingut Robert Weil:



Organisator Dirk Würtz war ebenfalls schon fleißig:


Sowie ein Beitrag von Steffen Kess:


Wir werden die Liste hier aktualisieren sobald nach und nach die Blogbeiträge zusammen kommen. 

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