Blog Sommelier Voigt entdeckt die ROTE Weinbörse Mainz 2019
von Alfred Voigt
Alle Jahre wieder treffen sich die Weinprofis im März zur Börse des VDP in der Rheingoldhalle in Mainz. Über die Jahre ist es dort immer voller geworden und auch internationaler. Kaum ein Mitglied des Vereines traut sich, dort nicht anwesend zu sein. Ein Überblick über Stil und Qualität des letzten Jahrgangs (bzw. vorletzten beim Rotwein) soll dort vermittelt werden. Oft ist es sicher zu früh, aber Einkaufsentscheidungen müssen ja getroffen werden, bevor es zu spät ist und man nichts mehr bekommt.
Seit vielen Jahren beginnen wir am Sonntag mit den Rotweinen, das habe ich in Burgund gelernt, Rotweine zu probieren ist anstrengender als Weißweine zu beurteilen. Nach anderthalb Tagen Riesling und Co hat man dann kaum noch Kraft und Kapazität für die Roten. Also ran an Spätburgunder, Lemberger und andere Exoten.
Im Folgenden dann exemplarisch die Eindrücke von meiner Frau Susanne und mir, ganz subjektiv und persönlich:
Wohin geht die geschmackliche Entwicklung beim deutschen Rotwein? Nach der Phase der Überreife, der Überholzung und der Überkonzentration haben wir für uns die eleganten, leichteren und trinkigeren entdeckt.
Gefallen hat uns die Kollektion vom Weingut J. Neus in Ingelheim. In meiner Studentenzeit hatte Ingelheim einen sehr guten Ruf für Rotwein und zum Pfingstlichen Liedermachertreffen konnte man in den 70ern ordentliche Rotweine trinken, soweit ich das damals beurteilen konnte. Sowohl Orts- und Gutswein aus 2017 und 2016 glänzten mit Frische, roter Frucht und animierender Fruchtsäure. Sicher nicht für Jedermann, aber spannend für Liebhaber.
Auch angenehm lebendig und trinkig die Orts- und Gutsweine von Battenfeld-Spanier/Kühling-Gillot.
In Württemberg ganz großartig die „kleinen“ Weine aus der Reihe Steinwiege von Rainer Schnaitmann: toll der Spätburgunder, noch besser der Lemberger (ungeschwefelt): einfach viel Biss, Spannung, Frucht und Charakter. Der Knaller ist wieder der Trollinger Alte Reben. Der zeigt dann nun wirklich, dass diese Rebsorte viel Spaß bereiten kann. Bei Neipperg scheiden sich dann wieder die Geister. Tolle konzentrierte Weine mit viel Kraft und sehr viel Gerbstoff. Das Problem: Herkunft und Rebsorte bleiben etwas auf der Strecke. Da fragt man sich natürlich, was ist wichtiger.
Bei Aldinger gefielen uns dann wieder die GG am besten: Mariengals Pinot und Lemmler Lemberger tolle Weine,
ausgewogen, strukturiert mit viel Zukunft.
An der Ahr gefiel uns Adeneuer am besten. Basiswein und Pinot aus 2018 zeigten schon ihr ganzen Potential – einfach großartig. Die jungen Reben aus der Gärkammer 2017 wunderbar dicht, kräuterig und ausgewogen. Das GG aus der Lage Rosenthal bestechend präzise. Hier stimmte die gesamte Kollektion. Bei Meyer-Näkel gefielen uns der Frühburgunder aus 2016 und die GG besonders aus dem Sonnenberg, der Pfarrwingert war noch leicht verschlossen. Eine nicht ganz so gleichmäßige Kollektion.
Schließlich noch die Pfalz. Großartig die Weine von Bernhard, nur Spätburgunder, aber toll sowohl als Ortswein, Gutswein und dem Sonnenberg. Elegante Konzentration mit mittlerer Struktur und feiner Frucht. Das ist nicht weit entfernt vom Nachbarn Becker, der zwar großartige Pinots vorgestellt hat, die unserer Meinung nach aber diesmal zu sehr vom Winzer beeinflusst waren und Qualitäts- und Lagenunterscheidung vernachlässigt haben. Wieder eine Frage dessen, was ich mit meinen Weinen ausdrücken will.
Bei Knipser toll der „kleine“ Blaue Spätburgunder und auch wieder großartig der Kirschgarten, obwohl das selten unsere Lieblingslage bei ihm ist. Das sind präzise Weine, die genau das ausdrücken, wofür sie stehen: Frucht, Kraft, Dichte und Gerbstoff genau im optimalen Verhältnis zueinander. Rebholz sehr gut und erstaunlich frisch und lebendig seine beiden Weine aus 2016: Gutswein und Ortswein. Ebenso Siegrist mit dem Ortswein aus Ilbesheim und dem Schelmenstück aus 2015. Kalmit GG aus 2013 wirkte schon etwas müde, das könnte aber an der Flasche gelegen haben. Wehrheim großartig, Sohn Franz macht einen tollen Job. Birkweiler Ortswein und GG vom Köppel haben alles, was ein Spätburgunder braucht und machen Spaß.
Deutschlands Rote präsentierten sich mit Ausdruck, Divergenz und Spannung! Viel besser als ihr Ruf...
Zitat:"Deutschlands Rote präsentierten sich mit Ausdruck, Divergenz und Spannung! Viel besser als ihr Ruf... "
AntwortenLöschenAllerdings kommt der "Ruf" deutscher Rotweine von denen, die Spätburgunder nicht als "echten" Rotwein wahrnehmen, weil zu leicht, zu hell .... Da werden die oben beschriebenen Weine wahrscheinlich auch nicht allzuviel dran ändern ;-)