Chenin Blanc – die unbekannte und langlebige Schöne! Blog-Sommelier Voigt über die Geschichte der Rebsorte


von Alfred Voigt 

Chenin Blanc – was ist das eigentlich für eine unbekannte Schöne, die seit einigen Jahren in vieler Munde ist? Das Zentrum ihrer Verbreitung liegt an der mittleren Loire zwischen dem Centre im Osten - weltbekannt für Sauvignon Blanc beispielsweise aus Sancerre oder Pouilly - und dem Muscadet Gebiet im Westen Richtung Atlantik. 

Im Gegensatz zu Chardonnay und Sauvignon, hat es die Rebsorte bislang aber nicht in die weite Welt geschafft. Bis auf Südafrika. Hier diente sie meist als belanglose Allerweltsorte, was sich seit dem Ende der Apartheit aber dramatisch gewandelt hat. Doch zurück an die Loire.Von der Rebfläche der gesamten Loire, die circa halb so groß ist wie die deutsche, ist ein beträchtlicher Teil mit dieser Rebsorte bestückt. Nach wie vor eher unbekannt bei uns sind die Weine aus dem Anjou, dem Saumur und der Touraine. In  Frankreich selbst, aber besonders in Großbritannien hoch angesehen.

Was macht die Weine denn so besonders? Da ist zum einen ihre Vielseitigkeit. Es gibt süße, trockene, halbtrockene Weine, spannende Sekte. Hinzu kommt die Langlebigkeit. In diesen Punkten ist es wohl die einzige Sorte, die es mit dem Riesling aufnehmen kann, auch was die Kraft der Säure betrifft.

Warum wurde Chenin Blanc also erst in letzter Zeit von vielen Weinfreunden entdeckt? Zum einen haben sicher Chenins aus Südafrika ihren Anteil daran, das warme Klima, der Holzfassausbau und Wissen über die Sorte, lassen die Weine oft mit mehr Charme ausstatten als ihre französischen Kollegen. Dazu kommt besonders viel Schmelz neben der verhaltenen Frucht. Empfohlen aus der Kapregion seien da der Chenin 1947 von Kaapzicht. Wirklich von Reben, die 1947 gepflanzt wurden. Trotz des warmen Klimas in Stellenbosch, ein eher eleganter, harmonischer und vielschichtiger Chenin. Ungewöhnlich die beiden Chenins von Springfontein in Stanford nahe Hermanus: Terroir Selection und Jil`s Dune. Das Besondere: die Reben wachsen auf kalkhaltigen Dünen in Meeresnähe, das hebt sich deutlich ab von den Granitböden, die man vorwiegend im südlichen Afrika findet.

Zum anderen vergisst man in Zeiten des Klimawandels, dass an den Grenzen des möglichen Weinanbaus in früheren Zeiten, die optimale Reife nicht immer erreicht wurde. Schlimmer noch: in den Randgebieten der Anbauregionen, beispielsweise in Jasnières oder Azay le Rideau war es nicht selbstverständlich, dass jedes Jahr überhaupt ein verwertbarer Ertrag erzielt wurde. Es gab Jahrzehnte mit drei Komplettausfällen, dazu wurden die Trauben in vielleicht nochmal drei Jahren nicht richtig reif. Wirklich gute Jahre in Bezug auf Menge und Qualität waren eher selten. So waren die Weine oft, spröde, säurebetont und benötigten viele Jahre, manchmal auch Jahrzehnte zur Harmonisierung.

Die Winzer waren deshalb auch immer Landwirt mit etwas Vieh, Obst und Gemüseanbau um die Ernährung der Familie zu gewährleisten. Solche Mischbetriebe gibt es im Übrigen immer noch.
Der Anstieg der Durchschnittstemperatur und die gestiegene Erfahrung der Winzer, haben der Qualität der Weine also zu einem deutlichen Sprung verholfen. 

Weine aus den 80er Jahren und Älter musste man eine ungeheure Reife abverlangen, um sie in einen trinkfertigen Zustand zu bekommen. Das ist heute nicht mehr so extrem, die immense Haltbarkeit besteht aber weiterhin. Trotzdem muss man sich auf die Weine einlassen, der Charme verbirgt sich manchmal hinter dem zweiten Schluck. Belohnt wird man jedoch mit jeder Menge Charakter, Komplexität und Spannung.

Haltet  also Ausschau nach trockenen, demi-secs  oder edelsüßen Weinen dieser Rebsorte und nicht nur unbedingt von Stars wie Huet oder Coulée de Serrant. Sie heben sich deutlich heraus aus der Vielzahl der gut gemachten, aber eher belanglosen Gewächse. 

Die Suche nach Weinen von Foreau aus Vouvray (besonders die Edelsüßen bestechen durch Komplexität, Harmonie und Haltbarkeit. Ein 1929er auf dem Weingut vor 10 Jahren probiert war ungeheuer frisch, lebendig und auf den Punkt gereift.), Baumard aus Savennières (unglaublich charmanter Clos du Papillon und mächtiger Trie spéciale), Ogereau im Anjou (großartiger, dichter Anjou mit viel Spannung zum Schnäppchenpreis), Francois Chidaine in Montlouis (unbekannter Nachbar von Vouvray mit finessenreichen Süßweinen) oder Bellivière in Jasnières (am Rande des möglichen Weinbaus im Norden der Loire entstehen grazile, feine Chenins meist mit Süße) werden Euch belohnen, garantiert.

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