Der Klaus. Der Peter. Der Keller. Hubacker Vertikale 2005 – 2013.
(c) Robert Dieth |
von Marc Dröfke
„Prinz von Rheinhessen“, „Hohepriester des Rieslings“,
„Winzer des Jahrzehnts“. Über eine zu geringe Anzahl an Lobeshymnen kann sich
Klaus-Peter Keller nicht beklagen. Dem, neben Egon Müller, bekanntesten Gesicht
in Sachen deutscher Wein eilt sein Ruf entsprechend voraus. Seine Weine,
speziell die Großen Gewächse, erfreuen sich von Jahr zu Jahr steigender
Nachfrage. Auf dem Sekundärmarkt erzielt kein deutscher, trockener Riesling
höhere Preise.
Die Frage ist jedoch, ob diese Huldigungen auch wirklich
angebracht sind? Das versuche ich mir selbst nach jeder Flasche von Klaus-Peter
Keller neu zu beantworten.
Meine bisherigen Erlebnisse (die überschaubar sind) waren
eher gespalten. Kirchspiel-Probe vor fast zwei Jahren? Gute, zum Teil aber sehr gefällige Weine. Hubacker aus
dem hochgelobten Jahr 2004 war zwar eine deutliche Steigerung zum Kirchspiel. Dennoch, die ganz große
Offenbarung blieb bisher aus.
Neben Zweiflern wie mir, gibt es Fans wie meinen Freund Dirk
(nicht Würtz), dessen Weinschrank schon schreit: „Bitte keine Keller Weine mehr!“
Da Dirk für seine Schatzkammer nur das Beste will, hat er sich kurzerhand
entschlossen, sie etwas zu entlasten und hat zu einer Art „Frühjahrsputz“ in
Form einer Hubacker-Vertikale der Jahrgänge 2005 – 2013 eingeladen. Eine
willkommene Gelegenheit, um die These erneut zu überprüfen.
(c) Robert Dieth |
Der in Dalsheim liegende Hubacker, ist süd, süd-östliche exponiert und mit einer Neigung von 25 – 30% ausgestattet. Keller und sein Team bewirtschaften hier ca. 4 Hektar aus dem sie jährlich, je nach Jahrgang, 12.000 – 18.000 Liter Riesling erzeugen.
Die Lage ist seit 1789 im Familienbesitz und dank einer
glücklichen Erbfolge bis heute dort verblieben. Der Untergrund wird von einer gelben Kalksteinplatte mit
darüber liegenden Schichten von tonhaltiger Erde und Humus geprägt.
Um es vorweg zu nehmen: Die Probe hat mich von meiner
Position als Zweifler in Richtung eines Anhängers driften lassen. Nahezu alle 9
Jahrgänge (1/2 Ausnahmen) zeigten sich in hervorragender Verfassung mit einer
unglaublichen inneren Dichte sowie hoher Präzision.
Ebenso sticht das extreme Alterungspotential dieser Weine
hervor. Seine wirklichen Stärken kann der Hubacker erst mit einigen Jahren an
Flaschenreife so richtig ausspielen, weshalb ich empfehle, eher etwas länger zu
warten als zu früh eine Flasche zu öffnen. Keiner der Weine war auf einem
absteigenden Ast. Sicherlich sind einige jetzt in einem sehr schönen
Trinkfenster angekommen.
Altersschwäche konnte ich allerdings bei keinem
einzigen Gewächs ausmachen. Natürlich ist das stark abhängig vom Jahrgang.
Während beispielsweise der 2010er mit einigen zusätzlichen Jahren an
Flaschenreife noch zulegen wird, sehe ich das Potential beim 2011er für die
„Marathonstrecke“ nicht.
Was zusätzlich auffällt: Keller hat in den letzten Jahren an
seiner Stilistik gefeilt und vinifiziert seinen Hubacker trockener,
mineralischer, mit weniger Hang zur Gefälligkeit hin. Ich wünsche mir, dass er
in Zukunft diesen Weg erfolgreich weiter beschreitet und keinerlei Kompromisse
eingeht. Gerade die letzten Jahrgänge sind sehr vielversprechend ausgefallen.
Man muss sich zusätzlich klar machen, mit welcher akribischen Arbeit die
Bereitung dieser Weine verbunden ist. Es
ist wirklich kein Selbstverständnis, jedes Jahr diese Qualität abzuliefern. Und
eins sei noch gesagt: trotz für deutsche Verhältnisse hoher Preise, sind diese
Weine nicht teuer.
Schaut man ins Burgund, zahlt man für ungefähr die gleiche
Qualität locker 100-150 Euros. In der aktuellen Diskussion über die Durchbrechung
der 50 Euro Schallmauer für ein Großes Gewächs halte ich dies für einen nicht
ganz irrelevanten Punkt.
Klaus-Peter Keller hat mir dankenswerter Weise nebst
Bildmaterial einige Angaben zu den jeweiligen Jahrgängen übermittelt, die im
Folgenden neben meinen eigenen Notizen zu sehen sind.
Jahrgang 2005:
KPK: Vollreifes Jahr mit gesunden Trauben,
fängt jetzt an richtig gut zu schmecken
Der atypischste Hubacker in der gesamten Verkostung. Sehr
viel reife, gelbe und exotische Frucht prägen das Nasenbild. Mango, Maracuja
und ein Hauch von Petrol kommt mir in den Sinn. Der Wein ist sehr duftig,
einige interpretieren das als „sexy“, mir ist das zu breit.
Im Antrunk wieder eine leichte Süße, breite Schultern, ist
nicht übermäßig komplex und kommt sehr über die Frucht. Nur im Abgang lässt
sich eine mineralische Komponente erahnen. Was mich zusätzlich etwas stört ist
die doch recht geringe Säure, die zwar gut eingebunden ist, der Süße aber nicht
wirklich Paroli bieten kann. Der für mich schwächste Wein der Verkostung.
Erinnert an einen fetten Smaragd aus der Wachau.
Punkte: 87/88
Jahrgang 2006:
KPK: Feuchter, warmer Herbst, der Jahrgang
entwickelt sich besser, als viele dachten.
Der 2006er ist das genaue Gegenteil des 2005. Die Nase ist
sehr zurückgezogen. Plastik, Bitterorange, etwas Zitrone, weiße Blüten und ein
ganz dezente Schwefel-Note notiere ich mir auf meinem Zettel.
Die Säure ist hier viel ausgeprägter, was mir gut gefällt
und einen ersten Eindruck auf die folgenden Jahrgänge gibt. Der Wein ist eher
schlank und lebt neben seiner Eleganz vor allem von seinem langen Abgang. Ein
subtiler Stoff, der einen nicht direkt anspringt sondern den man sich
erarbeiten muss.
Punkte: 92
Jahrgang 2007:
KPK: Recht trockenes
Jahr mit Bilderbuch Herbst, mit Luft entwickelt sich der Hubi sehr schön.
Wiederum eine eher dezente Nase, obgleich etwas offener als
der 06er. Weißer Pfirsich, Vanille, Veilchen, Traubenzucker und etwas kalter
Rauch.
Am Gaumen ist der Stoff sehr ausgewogen und rund. Eine
leichte Süße wird durch die gut integrierte Säure schön abgepuffert, sehr
saftig ohne dabei zu fett zu wirken. Obwohl nicht super komplex und mit der
letzten Konsequenz, gefällt mir dieser Wein gut. Kann man jetzt sehr schön
trinken.
Punkte: 92
Jahrgang 2008:
KPK: Kühles, feuchtes Jahr mit später Ernte
im November. Einer meiner Lieblingsjahrgänge, ganz lange Maischestandzeit, noch
etwas grüne Noten aber in 5,6 Jahren wird das ein super Wein mit tollen
Alterungspotenzial werden.
Der für mich
und viele andere am Tisch beste Wein im gesamten Feld. Eine sehr elegante,
kühle Nase mit Aromen von angereiftem Pfirsich, Abrieb von Zitrone und etwas
Mirabelle treffen auf eine deutliche Feuerstein Note, viel kalter Rauch,
Wiesenkräuter und etwas Salz. Alles wirkt dicht und eng beisammen und
gleichzeitig so jugendlich und frisch. Da ist noch ordentlich Potential unter
der Haube.
Druck, Zug
und eine vibrierende, saftige Säure treffen am Gaumen in einer nahezu perfekten
Kombination zusammen. Die längere Maischestandzeit merkt man dem Wein an. Das
Mundgefühl ist fest, zupackend, undurchdringlich. Neben all dem Druck und Power
lebt dieser Wein aber auch von seiner noblen Eleganz. Ein Bomben-Abgang mit
einer schönen salzigen Note am Ende beschließt das Feuerwerk. Ein großer Wein,
ohne wenn und aber.
Punkte: 95+
Jahrgang 2009:
KPK: Warmer Herbst mit reifen Trauben,
vereint Kraft mit feinem mineralischen Kick im Nachhall.
Zählt für
mich neben 2005 und 2011 zu den reiferen Jahrgängen. Das merkt man schon in der
Nase, wo der Wein einiges an gelber, reifer Frucht (Marille, Quitte) zeigt.
Dahinter verbirgt sich allerdings eine deutliche mineralisch, kräutrige Note.
Die Säure
hält sich eher im mittleren Bereich auf, ist aber sehr schön eingebunden - wie
durch die Bank bei allen Weinen. Jahrgangsabhängig zeigt der Hubi hier wieder
etwas breitere Schultern, im Abgang, wie von KPK beschrieben, ein schöner
mineralischer Nachhall. Auch hier ist noch Potential nach oben da, keine Frage.
Punkte: 91
Jahrgang 2010:
KPK: Großes Jahr für den Hubacker,
noch ein Baby.
Leicht
zurückgezogene Nase mit viel Kräutern, weißen Blüten, Abrieb einer Zitrone und
steinigen Komponenten. Hinzu kommt ein Hauch von frisch angeschnittenem weißem
Pfirsich. Sehr filigran und elegant, dabei ganz klar und frisch. Die Frucht
findet nur im Hintergrund statt.
Am Gaumen
stechen die hohe Säure und der schlanke Körper hervor. Sehr mineralischer
geprägter Mittelgaumen. Straffer Zug bis ins Finish. Braucht noch Zeit auf der
Flasche.
Punkte: 93+
Jahrgang 2011
KPK: Trockener Herbst mit T Shirt
Temps, Passionsfrucht und die feinmineralische Note vom gelben Kalk.
Viel gelbe
Frucht in der bereits sehr offenen Nase. Hinzu kommt Vanille, etwas Bratapfel,
Aprikose und etwas Honig. Typisch für einen reifen, aber nicht überreifen
Jahrgang. Wirkt etwas eindimensional in meinen Augen.
Ist, wie
ich zuerst befürchtete, nicht zu fett geraten, hat aber nicht ganz die Länge.
Druck baut dieses GG eher hinten raus auf. Am Mittelgaumen, fehlt mir das Spiel
und die Spannung der kühleren Jahrgänge.
Punkte: 90
Jahrgang 2012
KPK: Feine Exotik in der Nase, macht
gerade Freude, eher kühles und feuchtes Jahr
Ist noch
sehr von der Primärfrucht geprägt. Aprikose, Pfirsich, Litschi, Birne und etwas
Holunder treffen auf eine dunkle mineralische Note, die sich aber noch sehr im
Hintergrund hält. Die Nase wirkt sehr frisch und sauber herausgearbeitet.
Für mich am
heutigen Tag der Wein mit dem meisten Potential. Unheimlicher Zug am
Mittelgaumen, sehr mineralisch geprägt. Die hohe, vibrierende Säure gepaart mit
Tonnen von Extrakt verrät, dass dieser Wein noch einen sehr langen Weg gehen
kann. Meine Devise: Weglegen, obwohl der Wein mit genügend Belüftung bereits
heute gut zu trinken ist. Locker 8-10 Jahre. Und danach das ganz große Riesling
Kino erleben bei dem nur wenige mithalten können.
Punkte: 94+
Jahrgang 2013
KPK: Super Jahr, tief mineralisch, mit
viel Zug und Länge im Nachhall, noch ein Baby.
Der jüngste
Spross der Hubacker Familie (der auf dem Markt ist), präsentiert sich
erwartungsgemäß sehr jung und noch nicht ganz beisammen. Aus dem Glas weht ein
Mix aus Kräuterwürze, Birne, weiße Blüten, eine frisch gemähte Wiese, etwas
Torf und einer rauchigen Komponente.
Am Gaumen
fährt dieser Hubi wieder auf der mineralischen Schiene. Sehr saftige, hohe
Säure, bereits in diesem frühen Stadium sehr powervoll und lang. Wird
sicherlich noch deutlich zulegen und wird dafür in meinen Augen etwas länger
brauchen als der momentan bessere 2012er.
Punkte:
92/93+
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