Jungweinanstich zum Geburtstag der La Gazzetta del Vino - 2009 Clos Fourtet 1er Grand Cru Classe


von Marc Dröfke 
Als der Direttore im Zuge des Geburtstags der La Gazzetta del Vino mich darum bat, einen Beitrag über einen „Icon-Wine“ zu schreiben, musste ich erst einmal überlegen, was man überhaupt unter einem „Icon-Wine“ im Allgemeinen versteht.

Ich habe also ein wenig gegoogelt. Die meisten Leute scheinen unter „Icon-Wine“ den Top-Wein des jeweiligen Produzenten zu verstehen. Meist große Namen wie DRC, Latour, Lafite, Mouton oder Solaia, bekannte Anbaugebiete, geringe Verfügbarkeit, großer Jahrgang und für einige Probanden ganz besonders wichtig, dementsprechend hohe Bewertungen der Weinkritiker.

Jedoch kann sich nicht jeder den jeweiligen Flaggschiff Wein der Güter leisten. Zweitweine können hier oft die Lösung sein. Meist ist dies gar keine schlechte Wahl, denn die Zweitweine lassen oft erahnen in welche Richtung der Top Wein segelt und kosten nur einen Bruchteil des Grand Vins, Grand Cru, etc..

Gewinner ist der Produzent, wenn er es mit seinem „Icon-Wine“schafft, die Aufmerksamkeit des Konsumenten auf sein restliches Sortiment zu lenken. Für mich persönlich ist ein „Icon-Wine“ etwas anderes. Er muss mich mit seiner Aromatik in seinen Bann ziehen, mich fordern, Trinkfluss kreieren, bestenfalls sogar polarisieren und mich nachdenklich zurück lassen. Das muss kein schillernder Name oder hochbepreister Wein sein. Das kann auch ein 10 Euro Wein.

Immer noch unschlüssig darüber, welcher Wein heute sein Leben lassen muss, stöbere ich im Keller umher und stoße fast schon per Zufall auf ein ziemlich kleines Weinregal, dass meine geringe Ausbeute an Bordeaux-Weinen beherbergt. Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass mich Bordeaux bisher eher weniger interessierte. Irgendwie habe ich keinen rechten Zugang zu diesen Weinen gefunden. Ich bin jung, ich darf das so global definieren. Na ja, was solls, vielleicht ja dieses Mal. Außerdem hat die Gazzetta Geburtstag, da will ich mich mal nicht lumpen lassen.

Ich greife ins Regal und ziehe einen Wein aus Saint-Emillion, aus dem ausgerufenen Überjahrgang 2009, heraus. Weinkritikerpapst Robert Parker bewertete sage und schreibe 19 Weine aus diesem Jahrgang mit 100 Punkten. Er schrieb dazu: „2009 is the greatest vintage I have ever tasted in Bordeaux“. Viele andere Kritiker behaupten, der Nachfolgejahrgang 2010 sei noch besser, da die Weine ein viel höheres Lagerpotential aufwiesen und auf längere Sicht den 2009er den Rang ablaufen würden.

2009 gilt allgemein als eher frühreifes Jahr, mit opulenten, aber dennoch finessreichen Weinen, die schneller trinkreif sind, als ihre Kollegen aus dem 2010er Jahrgang. Auch mein Wein, von Chateau Clos Fourtet, aus dem Jahre 2009 erhielt damals die perfekte Wertung von Parker. Ein großes Problem, dass solche Weine besitzen, ist die wahnsinnig hohe Erwartungshaltung, die mit Ihnen einhergeht. Oft wird man bitter enttäuscht. Auch ich kann nicht verleugnen, dass ich beim Öffnen der Flasche etwas gespannter war, als bei anderen Weinen, die ich bisher trinken durfte.
 
Das Chateau Clos Fourtet besitzt 19 Hektar 1er Grand Cru Classe-Lagen auf einem nach Norden abfallenden Kalksteinplateau. Das Gebiet grenzt nahezu an den Stadtkern von Saint-Emilion. Ein Monument für sich, ist der riesige Naturkeller des Chateaus. Besitzt wird es momentan von Philippe Cuvelier, der neben Clos Fourtet auch noch das Chateau Poujeaux sein eigen nennen kann. Der Betrieb stellt seit kurzer Zeit, unter der Anleitung von Stephane Derenouncourt, auf organischen Weinbau um, was sich mit einem weiteren Plus an Qualität und Finesse auszahlen soll.

Im Glas habe ich ein für Saint-Emilion typisch merlotlastiges (88%) Cuvee, dazu kommen 8% Cabernet-Sauvignon und 4% Cabernet-Franc. Die Weintrauben wurden zwischen dem 28. September und 13. Oktober gelesen und für 18 Monate in 80% neuem Holz ausgebaut. Sehr intensive, jugendliche Farbe mit einem dunklen, violetten Kern, der in ein granatrot an den Rändern übergeht.

Die Nase ist zunächst stark von der Frucht geprägt. Ein Mix von Brombeere, Himbeere, schwarze Kirsche und etwas Zwetschgen-Marmelade, alles unterlegt mit einer gewissen leichten Süße, die mir beim ersten Betätigen des Riechkolbens auffällt. Die Süße verzieht sich fast so schnell, wie sie gekommen ist. Dann etwas Minze, Mon Cheri, viel Lakritz und Espresso. Hinten raus etwas Leder und Schale von Walnüssen. Das Holz kommt nur sehr dezent zum Vorschein. Eine faszinierende, ständig wechselnde Nase. Das gefällt.

Am Gaumen ein geschliffener, sehr konzentrierter Wein, der aber nicht fett, sondern eher elegant und fein daher kommt. Aromatisch gesehen: Dunkle Frucht, wieder Lakritze und grüne Paprika, alles ordentlich gewürzt mit einer saftigen Prise Pfeffer. Das Holz zeigt sich im langen Finale nochmals mit einer wunderbar dezenten Note. Allerdings schlägt ganz am Ende auch eine fiese, bittere Note zu, die ich der Jugend, den Gerbstoffen etc. zuordne.
 
Der Wein profitiert ungemein von dem Kontakt mit Luft. Wer ihn jetzt schon trinken will, dem empfehle ich die Flasche zu dekantieren und einige Stunden in der Karaffe zu lassen. Noch besser, erst am nächsten Tag trinken.

Ein Fazit zu ziehen fällt etwas schwer. Der Wein ist sicherlich noch nicht da, wo er mal sein wird.. Dennoch heißt es ja immer: „Ein großer Wein ist immer groß, egal wann man ihn trinkt“. Ich würde diesen Wein als sehr gut einstufen. Speziell für mich, als nicht gerade Fan von Bordeaux-Weinen, hat er gezeigt, dass es sich lohnen kann, ein genaueres Augenmerk auf diese Region zu werfen. In diesem Stadium lässt der Wein großes erahnen, nicht schmecken. Um eine Erfahrung reicher, freue ich mich auf die nächsten 5 Jahre Gazzetta del Vino. Mit dem ein oder anderen Icon Wine.

Der Wein ist für 242,96€ hier zu beziehen.
Der Direttore möchte darauf hinweisen, dass wir für Verlinkungen, Verkostungen, etc. keinerlei Geld erhalten.
google maps generator

Kommentare