Bundespräsident Christian Wulff tritt zurück , Sieg der Moral! Ein Kommentar des Direttore

Bundespräsident Christian Wulff ist zurückgetreten. Heute um 11:00 Uhr war es letztendlich soweit. Die Farce rund um das Bundespräsidialamt nimmt kein Ende. Sie fing bei Horst Köhlers Rücktritt der beleidigten Eitelkeiten an und findet ihren Höhepunkt in der "Amigoaffäre" um Christian Wulff. Nun, am Ende ist Wulff untragbar geworden. Nicht aus wirklich konkret nachgewiesenen Straftaten, sondern wegen mangelnder Transparenz seines politischen Wirkens. Die Staatsanwaltschaft Hannover beantragte die Aufhebung seiner Immunität durch den Deutschen Bundestag. Nicht wegen einem mehr als konkreten Verdacht, sondern erneut wegen des undurchsichtigen Verhaltens gewisser Finanztransaktionen in Wulffs Zeit als Ministerpräsident in Niedersachsen. Wulffs Umgang mit den Vorwürfen, angefangen beim Privatkredit durch die Unternehmergattin Gerkens über die Frage nach der Finanzierung privater Urlaube bis hin zum Verhältnis gegenüber des Filmemachers Groenewold, ist in Stümperhaftigkeit, Zaghaftigkeit und Undurchsichtigkeit nicht zu überbieten. Er verlor seine Glaubwürdigkeit, weil er das Volk nie überzeugen konnte offen mit den Vorwürfen umzugehen. Für das höchste Amt im Staate wird er dadurch untragbar und tritt letztendlich zurück um das Schauspiel der Mauscheleien zu beenden. Dennoch, ohne Wulffs Verhalten zu legitimieren, das Verhalten und der Umgang mit der Causa Wulff in der Öffentlichkeit war einmal wieder ein Offenbarungseid. In dubio pro reo (lat. „Im Zweifel für den Angeklagten“) spielt für die meisten Bürger und Medien keine Rolle mehr! Die Grundsteine unserer Verfassung werden regelmäßig ausgehebelt! Auch in den sozialen Medien, kritischer Umgang mit Wulff ist das Eine, das Andere ist eine vollkommene Verausgabung bis hin zur personifizierten Hetze! Eine gewisse Politikverdrossenheit gilt hier nur Ansatzweise als Rechtfertigung. Ich würde mir manchmal einen etwas humaneren und sachlicheren Umgang mit Fehlverhalten von öffentlichen Personen wünschen. Eine Überschrift in der Bildzeitung ist noch kein Schuldbeweis. Ein Verdacht ist keine Tat! Wir leben in einem Rechtstaat, soll heißen ein Gericht urteilt über Schuld! Solange gilt die Unschuldsvermutung. Heute wird dieser Einwand kaum mehr genutzt. Es entstehen Dynamiken, teilweise völlig unreflektiert und denunzierend. Manchmal kommen mir derart Kritiken als persönliches Frustabbauventil vor, nicht als eine tatsächliche Auseinandersetzung mit der Sache. Ich spreche mich eindeutig gegen diese pauschalen Vorverurteilungen aus. Für mich ist "In dubio pro reo (lat. „Im Zweifel für den Angeklagten“)" ein unbezahlbares und hart erkämpftes Gut unser Demokratie! Auch Christian Wulff ist eine strafrechtliche Schuld noch nicht nachgewiesen worden. Er ist nicht angeklagt. Es finden zunächst Ermittlungen statt. Nachgewiesen ist im aber eines, die moralische Schuld. Diese ist Maßstab für das höchste Amt im Staate. Über diese ist Christian Wulff letztendlich zu Recht gestolpert. Ich hoffe, dass wir in der öffentlichen Auseinandersetzung nun zurück zu einer sachlichen Debatte kommen können. Die Suche nach einem geeigneten Nachfolger muss überparteilich und unpolitisch geschehen! Das ist die letzte Chance das beschädigte Amt des Bundespräsidenten wieder zu rehabilitieren...

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